LG Köln: Der doppeldeutige Slogan „gimpft, gechipt, entwurmt“ ist keine urheberrechtliche Schöpfung / 2023

veröffentlicht am 23. August 2023

LG Köln, Urteil vom 26.01.2023, Az. 14 O 24/22
§ 2 Abs.1 Nr.1 UrhG, § 2 Abs.2 UrhG, § 97a Abs.4 UrhG 

Die Zusammenfassung der Kölner Entscheidung finden Sie hier LG Köln: Kein Urheberrechtsschutz für doppeldeutigen Slogan „gimpft, gechipt, entwurmt“ / 2023. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Köln

Urteil

1. Auf die Klage wird festgestellt, dass der von den Beklagten mit Abmahnung der Rechtsanwälte … vom 16.11.2021 (Anlage K5) gegen die Klägerin geltend gemachte Vernichtungsanspruch nicht besteht.

2. Die Beklagten werden verurteilt, die Klägerin von den Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch die Rechtsanwälte … in Höhe von 1.212,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.03.2022 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.
Die Widerklage wird abgewiesen.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

1Tatbestand

2Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrieb von T-Shirts mit der Aufschrift: „gechipt, geimpft, entwurmt“.

3Die Klägerin betreibt unter der URL Url entf. die Printon-Demand-Plattform „T1“ im Internet. Hierbei können von Dritten gestaltete Motive auf die Plattform hochgeladen werden.

4Die Klägerin bot unter der URL Url entf. das auf Bl. 7 d.A. abgebildete T-Shirt zum Kauf an:

5

6Der Beklagte zu 1) ist nach eigenem Vortrag Bühnenkünstler Link entf. und Inhaber der Firma T-Shirt-Drucker.de und betreibt in diesem Zusammenhang die Seite Url entf.. Die Beklagte zu 2) ist Comedian und tritt unter anderem als Kunstfigur „T2 C“ auf. Unter diesem Pseudonym betreibt diese die Seite Link entf. Dieser Seite ist auch ein Internetshop angeschlossen.

7Die Beklagten ließen die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 16.11.2021 wegen Urheberrechtsverletzung an Text und Grafik: „geimpft, gechipt, entwurmt.“ [Bl. 21 d.A.] abmahnen und zur Unterlassung, Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, Zahlung von Schadensersatz vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 11.000,00 EUR sowie Vernichtung und Auskunft unter Fristsetzung bis zum 01.12.2021 auffordern.

8Die Klägerin lies die Abmahnung mit anwaltlichem Schreiben vom 01.12.2021 [Bl. 28 d.A.] zurückweisen.

9Die Klägerin ist der Auffassung, die von der Beklagten mit ihrer Abmahnung geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht. Die Wortfolge „geimpft, gechipt, entwurmt“ sei nicht schutzfähig. Die Abmahnung sei unwirksam. Der in der beklagtenseits geforderten, vorformulierten Unterlassungserklärung gewählte Ansatz einer Vertragsstrafenhöhe von 5.000,00 EUR, sei, selbst wenn eine Rechtsverletzung vorläge, erheblich übersetzt und liege deutlich über den in vergleichbaren Fällen als angemessen erachteten Vertragsstrafen. Da die beklagtenseitige Abmahnung nicht nur unwirksam sondern auch unberechtigt gewesen sei, könne der Kläger von den Beklagten gemäß § 97a Abs. 4 UrhG auch Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsverteidigungskosten verlangen.

10Die Klägerin hat ursprünglich beantragt:

111. Es wird festgestellt, dass der von den Beklagten mit Abmahnung der Rechtsanwälte … vom 16.11.2021 (Anlage K5) gegen die Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht.

122. Es wird festgestellt, dass der von den Beklagten mit Abmahnung der Rechtsanwälte … vom 16.11.2021 (Anlage K5) gegen die Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz (einschließlich Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung) nicht besteht.

133. Es wird festgestellt, dass der von den Beklagten mit Abmahnung der Rechtsanwälte … vom 16.11.2021 (Anlage K5) gegen die Klägerin geltend gemachte Vernichtungsanspruch nicht besteht.

144. Es wird festgestellt, dass der von den Beklagten mit Abmahnung der Rechtsanwälte … vom 16.11.2021 (Anlage K5) gegen die Klägerin geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht besteht

155. Die Beklagten werden verurteilt, die Klägerin von den Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch die Rechtsanwälte … in Höhe von 1.212,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

16Die Parteien haben die Klageanträge zu 1.), 2.) und 4.) in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2022 mit Blick auf die widerklagend geltend gemachte positive Leistungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt.

17Die Klägerin beantragt nunmehr:

183. Es wird festgestellt, dass der von den Beklagten mit Abmahnung der Rechtsanwälte … vom 16.11.2021 (Anlage K5) gegen die Klägerin geltend gemachte Vernichtungsanspruch nicht besteht.

195. Die Beklagten werden verurteilt, die Klägerin von den Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung durch die Rechtsanwälte … in Höhe von 1.212,61 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

20Die Beklagten beantragen,

21die Klage abzuweisen.

22Widerklagend beantragen die Beklagten

23I. Die Klägerin wird verurteilt, es zu unterlassen, T-Shirts mit dem Aufdruck „geimpft, gechipt, entwurmt“ und davorgesetzten Checkboxen mit Haken zu vertreiben.

24II. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagten 1.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

25III. Die Klägerin wird verurteilt, Auskunft über darüber zu erteilen, wie viele der unter Ziff. I. beschriebenen streitgegenständlichen T-Shirts die Klägerin verkauft hat und welche Einnahmen diese hierbei erzielt hat.

26IV. Die Klägerin wird verurteilt, die Beklagten von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsvertretung in Höhe von 1.218,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

27Die Klägerin beantragt,

28die Widerklage abzuweisen.

29Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) behaupten, sie hätten zusammen den streitgegenständigen Text und das Design entworfen. Die Beklagte zu 2) habe hierbei den Spruch „geimpft, gechipt, entwurmt“ erfunden und der Beklagte zu 1) habe die grafische Gestaltung übernommen.

30Soweit in der Abmahnung vom 16.11.2021 die Beklagte zu 2) mit K T3 bezeichnet worden sei, sei dies ein redaktioneller Fehler gewesen. Wie die Klägerin ausweislich der Klageschrift unproblematisch erkannt habe, sei die Beklagte zu 2) gemeint gewesen. Die ersten Veröffentlichungen des Designs seien durch die Beklagte zu 2) über die G1-Seite der Kunstfigur T2 C am 18.12.2020 bzw. 12.01.2021 erfolgt:

31

32Die Klägerin bzw. deren für das Angebot zuständiger Mitarbeiter hätten die Veröffentlichung der Beklagten gekannt, als dieser das Angebot der Klägerin mit entsprechendem Inhalt erstellt habe.

33Im Rahmen der außergerichtlichen Auseinandersetzung hätten sich die Beklagten Gebührenansprüchen nach nachfolgender Berechnung ausgesetzt:

34Gegenstandswert: 11.000,00 EUR

351,5 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG: 999,00 EUR

360,3 Mehrvertretungsgebühr § 7 Abs. 1 RVG, Nr. 1008 VVRVG: 199,80 €

37Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

38Summe: 1.218,80 EUR

39Im Übrigen bestreiten die Beklagten die Ausführungen der Klägerin.

40Die Beklagten rügen die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Im Wesentlichen handele es sich um eine Zahlungsklage, für die der Klägerin nur der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten zur Verfügung stehe. Für den Beklagten zu 1) liege dieser in Höchstadt und damit im Gebiet des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Ein besonderer Gerichtsstand werde weder behauptet, noch sei ein solcher gegeben.

41Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Im Zusammenhang mit Menschen seien die Worte „geimpft, gechipt, entwurmt“ nicht alltäglich. Allenfalls seien diese Worte im Zusammenspiel lediglich aus dem Tierreich bzw. aus Verkaufsanzeigen von Haustieren bekannt. Aus dem Gesamtzusammenhang werde jedoch deutlich, dass die Besonderheiten der Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Anforderungen auf humorvolle Art aufbereitet werden sollten. Dies werde durch die Aufmachung in Form einer Checkliste verdeutlicht.

42Der T-Shirt Aufdruck der Klägerin habe keinen ausreichenden Abstand zum Original. Die charakteristischen Züge des T-Shirt Drucks der Beklagten blieben erhalten. So verwende die Klägerin ebenfalls eine Auflistung in Form einer Checkliste mit Haken. Dass die Schriftart verändert und die Jahres-zahl weggelassen würden, spiele hierbei lediglich eine untergeordnete Rolle. Vielmehr seien die wesentlichen Grundzüge, die den Charakter des T-Shirt Drucks ausmachten, immer noch deutlich erkennbar. Es sei daher zu vermuten, dass der T-Shirt Druck der Beklagten als Vorlage für den Druck der Klägerin gedient habe und lediglich in Feinheiten umgestaltet worden sei. Ein Einverständnis der Beklagten hierfür habe nicht vorgelegen.

43Grundlage des geltend gemachten Schadenersatzes, sei der AGD-Vergütungstarifvertrag Design. Darin würden 90 EUR pro Stunde als Honorar festgelegt. Für die Bestimmung der exakten Höhe, würden Stundensatz, Zeitaufwand und der Indikator für das Nutzungsrecht multipliziert. Dies als Basis für die Bestimmung, werde ein Schadenersatz von mindestens 500 EUR als angemessen angesehen.

44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

45E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

46A. Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

47I. Die Klage ist – soweit nach der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung noch anhängig – als negative Feststellungsklage zulässig.

481. Ein entsprechendes Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO ist gegeben.

49Das rechtliche Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist Sachurteilsvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Für die – hier vorliegende – negative Feststellungsklage ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, wenn sie zur Abwehr einer Abmahnung oder sonstigen Rechtsberühmung erhoben ist. Der Kläger kann dann grundsätzlich gerichtlich feststellen lassen, dass die Rechtsberühmung zu Unrecht erfolgt ist und die behaupteten Ansprüche nicht bestehen (vgl. BGH, GRUR 2011, 1117 Rdnr. 15 – ICE) oder dass er an dem beanstandeten Verhalten nicht gehindert ist (BGH, GRUR 2012, 1273, Rn. 12 – Stadtwerke Wolfsburg).

50Der wegen eines Urheberrechtsverstoßes Abgemahnte ist grundsätzlich nicht – auch nicht zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO – gehalten, vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine Gegenabmahnung auszusprechen (vgl. BGH, GRUR 2004, 790 [792] – Gegenabmahnung; GRUR 2006, 168 Rdnr. 11 – Unberechtigte Abmahnung).

51Die vorstehend benannten Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die mit der Abmahnung vom 16.11.2021 geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche nicht bestehen.

522. Soweit die Beklagten die örtliche Zuständigkeit rügen, dringen sie damit nicht durch.

53Die örtliche Zuständigkeit bei der negativen Feststellungsklage richtet sich „spiegelbildlich“ nach der Leistungsklage umgekehrten Rubrums und dem für eine solche Leistungsklage maßgeblichen Ort. Im Streitfall ist nach § 32 ZPO im „fliegenden Gerichtsstand“ für die Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche auch die Zuständigkeit Kölner Gerichte gegeben, da die Abmahnung auf ein Verkaufsangebot im Internet (Link entf.) Bezug nimmt.

54B.

55Die Klage hat auch in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg. Denn den Beklagten stehen die mit der anwaltlichen Abmahnung vom 16.11.2021 geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche – darunter der Vernichtungsanspruch – gegen die Klägerin tatsächlich nicht zu.

56I.

571. Ansprüche der Beklagten wegen der behaupteten Verletzung ihres Urheberrechts scheitern schon daran, dass die streitgegenständliche Wortfolge mit davorgesetzten Checkboxen mit Haken in der grafischen Gestaltung, wie auf dem von den Beklagten vertriebenen T-Shirt:

58 wiedergegeben, kein geschütztes Werk im Sinne des § 2 UrhG darstellt. Weil der genannten Textpassage und grafischen Gestaltung die erforderliche Schöpfungshöhe fehlt, liegt keine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG vor.

59Die Beklagten berühmen sich der „Urheberschaft“ an „Text und Grafik“, ohne überhaupt näher zu erläutern, woraus sich eine mutmaßliche Werksqualität der Begriffe ergeben soll und wie sich der kreative Schaffensprozess gestaltet haben soll.

60In Betracht kommt das Vorliegen eines Sprachwerkes im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Bei einem solchen muss der geistige Gehalt durch das Mittel der Sprache zum Ausdruck kommen, die geistige Leistung muss aus dem Werk selbst erkennbar werden (vgl. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 2 Rn. 81), wobei in diesem Zusammenhang weder die Art der Darbietung noch die stimmliche Intonation eine Rolle spielt. Für die Schutzfähigkeit eines Sprachwerkes kommt es sowohl auf seine Art als auch auf seinen Umfang an. Je kürzer die jeweilige Formulierung ist, desto mehr muss sie sich durch eine phantasievolle Wortwahl oder Gedankenführung von üblichen Formulierungen abheben (vgl. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 2 Rn. 83). Im Bereich der Sprachwerke ist allerdings auch die kleine Münze urheberrechtlich geschützt; es gelten deshalb grundsätzlich geringe Anforderungen an die hinreichende Individualität (vgl. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 2 Rn. 85).

61Soweit die Beklagten ausführen, aus dem Gesamtzusammenhang werde jedoch deutlich, dass die Besonderheiten der Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Anforderungen auf humorvolle Art aufbereitet werden sollten, und dies werde durch die Aufmachung in Form einer Checkliste verdeutlicht, ist dies nicht ausreichend.

62Die streitgegenständliche Begriffsauflistung erschöpft sich in der Verwendung allgemeingebräuchlicher Begriffe aus dem Haustier- und Veterinärbereich in einer ebenfalls allgemeingebräuchlichen Auflistung in Kästchenform zum Ankreuzen. Die einzige Originalität liegt darin, dass diese generell Tieren zugeschriebenen Attribute, die angeben, dass das betreffende Tier eben geimpft, gechipt, entwurmt. ist, wohl im Kontext der Corona-Pandemie als T-Shirt-Aufschrift auf den jeweiligen – menschlichen – Träger des T-Shirts bezogen werden. Dies mag eine einigermaßen humorvolle und witzige Idee für eine T-Shirt-Aufschrift sein und möglicherweise waren die Beklagten tatsächlich die ersten, die auf diese Vermarktungsidee kamen. Dies allein reicht indes nicht zur Annahme einer persönlichen geistigen Schöpfung. Die dem Transfer der Begrifflichkeit vom Tier auf den Menschen innewohnende Doppeldeutigkeit allein ist hierfür nicht ausreichend, selbst wenn man das Maß für die sogenannte »kleine Münze« des Urheberrechts sehr niedrig ansetzt. Dieser Begriff hat nämlich nicht die Aufgabe, jede Abgrenzung überflüssig zu machen (vgl. OLG Hamburg, ZUM 1998, 1041; LG München I, ZUM 2018, 386).

63Die Auflistung der drei Begriffe in Listenform mit davorgesetzten Checkboxen mit Haken versehen und mit einer Jahreszahl ist in ihrer Belanglosigkeit eher vergleichbar mit den ebenfalls schutzlos gebliebenen Zeilen »Samba (Lachen) – hai que – Samba de Janeiro« (vgl. OLG Hamburg, ZUM 1998, 1041) oder »Wir fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn« (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 1978, 640), denn mit geschützten Äußerungen wie »Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon, der in München wohnt« (vgl. OLG München, ZUM 2009, 970) oder »Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut« (vgl. LG München I, ZUM 2011, 944 – Karl-Valentin-Zitat).

64Diesem Ergebnis steht auch nicht die Entscheidung EuGH, ZUM 2009, 945 – Infopaq/DDF, entgegen. Streitgegenständlich war zwar dort ein aus nur elf Wörtern bestehender Ausschnitt eines Artikels aus der Tagespresse. Vom Urheberrechtsschutz erfasst ist ein solcher jedoch nur, soweit der wiedergegebene Bestandteil die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringt. Insoweit stellt der EuGH in Rn. 46, 47 des genannten Urteils klar, dass Wörter als solche keine vom Schutz erfassten Bestandteile sind. Wie aber bereits festgestellt, fehlt es der hier gegenständlichen Begriffsauflistung an jedweder Schöpfungshöhe.

652. Soweit die Klägerin Aktivlegitimation der Beklagten rügt, da in der Abmahnung eine Frau K T3 als (Mit-)urheberin neben dem Beklagten zu 1) angegeben wird, haben die Beklagten diesen Umstand bislang nicht hinreichend aufgeklärt. Sie führen dazu lediglich aus, es habe sich um einen redaktionellen Fehler gehandelt. Die Beklagten hätten zusammen den streitgegenständlichen Text und das Design entworfen. Ob K T3 eine existente Person ist, oder ob es sich lediglich um einen Schreibfehler handelt, wird daraus aber nicht deutlich. Dies fällt mangels Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Wortfolge aber nicht in entscheidungserheblicher Weise ins Gewicht.

663. Auf die Frage, ob die von der Klägerin vertriebenen T-Shirts einen ausreichenden Abstand zu denjenigen der Beklagten wahren, kommt es nicht an.

67Ob die T-Shirts mit Aufdruck möglicherweise lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz nach UWG genießen, kann dahinstehen, denn darauf haben sich die Beklagten in der streitgegenständlichen Abmahnung nicht berufen, sondern die Abmahnung explizit allein auf Urheberrecht gestützt.

68Den Beklagten stehen daher gegen die Beklagte weder Ansprüche auf Unterlassung, noch auf Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung zu.

69II.

70Der Klägerin steht ein gegen die Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverteidigungskosten nach § 97a Abs. 4 UrhG zu, da die beklagtenseitige Abmahnung jedenfalls unberechtigt war.

71Ob die Abmahnung daneben auch unwirksam, weil sie die mutmaßlichen Urheber nicht korrekt und die Rechtsverletzung nur durch Angabe einer URL, nicht aber durch eine Abbildung bezeichnete, kann daher offen bleiben.

72Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß § 97a Abs. 4 UrhG Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsverteidigungskosten verlangen. Hierbei is zumindest der Gegenstandswert zu Grunde zu legen sein, den auch die Beklagten in ihrem Abmahnschreiben angesetzt haben, nämlich ein Gegenstandswert von 11.000,00 EUR. Die Klägerin kann demnach 1.212,61 EUR verlangen (1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 Nr. 2300 VV RVG i.H.v. 999,00 EUR zzgl. Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG i.H.v. 20,00 EUR entspricht einem Gesamtbetrag (netto) von 1.019,00 EUR, zzgl. 19 % Umsatzsteuer i.H.v. 193,61 EUR).

73Der Umstand, dass für die Beklagten im Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar gewesen sein mag, dass das Gericht ihrer Rechtsauffassung nicht folgen werde, entbindet sie nicht von ihrer Haftung für die Rechtsverteidigungskosten der Klägerseite. Vielmehr handelt es sich um ein Risiko, das jedem Rechtsprozess und jeder rechtlichen Geltendmachung eigener Rechte immanent ist.

74Ein Zinsanspruch besteht gemäß § 291, § 288 Abs. 1 BGB jedoch nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit am 27.02.2022 (Klagezustellung an Beklagten zu 1) am 26.02.2022; an Beklagte zu 2) am 01.03.2022, vgl. Bl. 40 ff. d.A.), da es sich nicht um Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB handelt.

75B.

76Die Widerklage ist nach § 33 ZPO zulässig, aber – in Ansehung der vorgemachten Ausführungen – unbegründet.

77C.

78Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 a ZPO soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu 1.), 2.) und 4.) übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 91 Abs. 1 ZPO.

79Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

80Der Streitwert wird auf 11.000,00 EUR festgesetzt.