LG Hamburg: Urheberrechtlicher Schutz als Werk der angewandten Kunst für die Produktgestaltung von Bierflaschen

veröffentlicht am 18. August 2016

LG Hamburg, Urteil vom 07.07.2016, Az. 310 O 212/14
§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG, § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG

Das Urteil des LG Hamburg haben wir hier zusammengefasst (LG Hamburg – Urheberrechtsschutz für Bierflaschen) und im Folgenden im Volltext wiedergegeben.


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Landgericht Hamburg

Urteil

1.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am Geschäftsführer der jeweiligen Beklagten, zu unterlassen,

die Produktgestaltungen der Klägerin aus der „5,0 Original“-Reihe wie nachfolgend wiedergegeben

Bier 1

Bier 2
ohne Zustimmung der Klägerin auf Bierverpackungen, insbesondere Dosen und Flaschen, durch die Beklagte zu 1) und / oder andere Dritte, die nicht zu den Unternehmen der C.-Gruppe gehören, zu vervielfältigen und / oder zu verbreiten und / oder vervielfältigen und / oder verbreiten zu lassen
.

2.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin vollständige Auskunft zu erteilen, und zwar untergliedert nach den einzelnen Bierprodukten und aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren, über die Anzahl der hergestellten, verbreiteten und sich auf Lager befindlichen Bierprodukte und -verpackungen, die Produktgestaltungen, wie sie im Antrag Ziffer 1 beschrieben sind, wiedergeben, und deren Abgabepreise sowie Rechnung zu legen über die mit diesen Bierprodukten und -verpackungen seit dem 1. August 2009 erzielten Gewinne, einschließlich der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Bierprodukte und -verpackungen durch Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses über

– Namen und Anschrift aller Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und

– die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke sowie über die Preise, die für die Vervielfältigungsstücke bezahlt wurden.

3.
Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt, der Klägerin vollständig Auskunft über die Erlöse zu erteilen, die sie aus der Einräumung und Weiterveräußerung der Nutzungsrechte an den Produktgestaltungen der Klägerin, wie sie im Antrag Ziffer 1 beschrieben sind, an Unternehmen, die nicht zu den Unternehmen der C.-Gruppe gehören, erzielt haben und darüber entsprechend Rechnung zu legen.

4.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, wie er sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung gemäß Anträgen Ziffer 2 und 3 ergibt.

5.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten. Die Kosten der Nebenintervention sind von der Nebenintervenientin zu tragen.

7.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, und zwar

a)
betreffend Ziffer 1 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000.000,00,

b)
betreffend Ziffern 2 und 3 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils EUR 25.000,00 und

c)
betreffend Ziffer 6 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten betreffend die Gestaltung von Biergebinden gestützt auf angebliche Urheberrechte sowie Vertrag in Anspruch. Gefordert wird Unterlassung, Auskunftserteilung und die Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Die Klägerin ist eine bekannte Designagentur, insbesondere für Produktdesign.

Alle Beklagten gehörten (jedenfalls früher) zur C.-Gruppe. Die Beklagte zu 1) (B.) war bis Sommer 2009 eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der F. B. GmbH, welche ihrerseits 100-prozentige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 3) (H. B.) war. Die Beklagte zu 3) war und ist 100-prozentige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2) (C. D.).

In den Jahren 2005 und 2006 war die Klägerin von der Beklagten zu 3) mit der Entwicklung und Produktgestaltung für einen sog. „O. F.“ beauftragt. Es war beabsichtigt, Produkte im Bereich preisgünstiger Biergetränke anzubieten, einem Marktsegment, in welchem die O. B. mit Abstand Marktführer war.

Die Klägerin leistete insoweit an die Beklagte zu 3) und erhielt von dieser Zahlungen. Betreffend die urheberrechtlichen Nutzungsrechte machte die Klägerin der Beklagten zu 3) ein Angebot, welches unter Ziffer 6 folgende Klausel enthielt:

„f. + s. d. S. GmbH überträgt dem Auftraggeber die urheberrechtlichen Nutzungsrechte nur zu dem vereinbarten Zweck. Sämtliche darüber hinausgehenden Nutzungsrechte verbleiben, sofern nichts anderes schriftlich vereinbart ist, bei f. + s. d. s.s GmbH. Die Rechte gehen erst mit der vollständigen Zahlung des Gesamthonorars und der Erstattung aller Nebenkosten aus dem Auftrag auf den Auftraggeber über. Die Weiterübertragung der eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftragnehmers.“

Die Beklagte zu 3) schickte daraufhin das als Anlage K 20 in Fotokopie vorliegende Schreiben vom 03.11.2005 an die Klägerin, in welchem es u.a. hieß:

„Wir [sind] damit einverstanden, dass Sie sich Ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den von Ihnen im Zusammenhang mit dem Projekt entwickelten Entwürfen vorbehalten, soweit diese in die finalen Versionen ihrer Leistungen nicht unmittelbar einfließen. In diesem Zusammenhang verstehen wir Ziff. 2 Ihrer obigen AGB. Dies entspricht auch der Branchenüblichkeit.

Demgegenüber können wir die Regelung unter Ziff. 6 Ihrer AGB, die sich auf Nutzungsrechte zu einem vertraglich vereinbarten Zweck bezieht, nicht akzeptieren, zumal der erwähnte Zweck durchaus interpretationsfähig ist. Uns liegt vielmehr daran, die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den von Ihnen erbrachten Leistungen ohne rechtliche Einschränkungen zu erhalten. Dass wir Label und Designs nur für gruppeneigene Produkte einsetzen, versteht sich dabei von selbst.

(…)

„f. + s. d. S. GmbH räumt H. und den übrigen deutschen Unternehmen der C. Gruppe das zeitlich und räumlich unbegrenzte, unwiderrufliche und ausschließliche Nutzungsrecht nach Maßgabe des deutschen Urheberrechtsgesetzes an ihren urheberrechtlich geschützten finalen Leistungen / Werke einschließlich aller sonstigen denkbaren Rechtspositionen an den mit diesen Leistungen unmittelbar verbundenen Ideen und Gestaltungen ein, diese auf alle gesetzlich zulässigen Nutzungsarten nutzen zu dürfen. Hierzu zählen insbesondere das Recht auf Veröffentlichung, Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige beliebige Bearbeitung der Leistungen. Finale Leistungen/Werke sind solche Leistungen und Werke der f. + s. d. S. GmbH, die von H. im Sinne der Projektbeschreibung als Auftragserfüllung akzeptiert und abgenommen werden, unabhängig davon, ob und wenn ja, wann sie bei H. zum Einsatz gelangen.

Die Rechte gehen erst mit der vollständigen Zahlung des Gesamthonorars und der Erstattung aller Nebenkosten aus dem Auftrag auf den Auftraggeber über. Die Weiterübertragung der eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers.“

Die Klägerin unterzeichnete das Schreiben vom 03.11.2005 (mit einer – oben nicht wiedergegebenen – Streichung) und schickte das Einverständnis an die Beklagte zu 3), die daraufhin die vereinbarte Zahlung leistete.

Die „5,0 Original“-Reihe wurde ab 2006 vermarktet und vertrieben und zwar mit Produktgestaltungen wie aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlich. Die Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2), die F. B. GmbH, stellte die Produkte her. Die Beklagte zu 1), Tochtergesellschaft der F. B. GmbH, vertrieb die Produkte.

Im Juni 2009 wurde die F. B. GmbH – mit der Beklagten zu 1) und Nutzungsrechten an allen Leistungsergebnissen betreffend „5,0 Original“ – an die O. B. GmbH veräußert. Über die Veräußerung wurde in den Medien berichtet. Seit der Übernahme wurden am Erscheinungsbild der Produkte / Produktverpackungen keine umfangreichen Änderungen vorgenommen.

Mit Schreiben vom 11.09.2013 wandte sich die Klägerin an C. mit der Bitte um ein klärendes Gespräch, da man die eigene Zustimmung zur Weiterübertragung an bzw. Nutzung durch ein O.-Unternehmen für erforderlich hielt und die Zustimmung nicht erteilt wurde.

Die Klägerin trägt vor, die Nutzungsrechtsübertragung sei auf Unternehmen der C. Gruppe beschränkt gewesen und jede Weiterveräußerung habe ihrer Zustimmung bedurft. Ihre Ansprüche würden sich aus einer Verletzung von Urheberrechten und auch aus Vertrag ergeben.

Die Produktgestaltungen seien urheberrechtlich geschützt. Zuvor seien (unstreitig) nur Gestaltungen von Bierprodukten mit Wappen, Ortsnamen und Goldglanzpapier etc. bekannt gewesen. Sie – die Klägerin – habe ein Design entworfen, dass vorbekannte Gestaltungsformen mit maximal puristischem, vollständig auf Inhalt und Qualität des Produkts fokussiertem Designansatz geradezu ins Gegenteil verkehrt habe. Die Klägerin behauptet, nationale und internationale Designpreise betreffend die Gestaltungen verliehen bekommen zu haben. Sie habe elegante, formschöne Gebinde geschaffen, welche Ausdruck totaler Reduktion auf das Produkt „Bier“ seien. Der Ausdruck individuellen Schaffens sei durch die klare Linienführung und die Besinnung auf das Wesentliche erfolgt. Die totale Fokussierung auf den Inhalt und die Qualität des Produkts in individuell-origineller Art und Weise sei zum alleinigen, äußerlich sichtbaren Gestaltungsmerkmal unmittelbar auf der Produktverpackung ausgeformt und damit zur Marke erhoben worden.

Die geschützten Gestaltungen würden von ihr, der Klägerin, konkret ihren Geschäftsführern S. und F., stammen.

Die Übertragung der Recht an den Gestaltungen auf O. sei mit dinglicher Wirkung unwirksam.

Die Beklagten zu 2) und zu 3) seien jedenfalls Teilnehmer der Tat der Beklagten zu 1).

Die Klägerin hatte ursprünglich eine Stufenklage erhoben mit dem angekündigten Antrag, ggf. die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Auskünften zu verlangen. Diesen angekündigten Antrag hat sie in den mündlichen Verhandlungen (ausdrücklich) nicht mehr gestellt.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter der jeweiligen Beklagten, zu unterlassen, die Produktgestaltungen der Klägerin aus der „5,0 Original“-Reihe, gekennzeichnet durch die schlichte weiße Beschriftung bestehend aus Zahlen mit einer Nachkommastelle in herausgestellter Form und dem Zusatz „Original“ auf einfarbigem Hintergrund mit einem unterhalb des Zusatzes „Original“ angeordneten, die Gestaltung begrifflich ausfüllenden Begleittext, wie nachfolgend wiedergegeben

[Abb.]

ohne Zustimmung der Klägerin auf Bierverpackungen, insbesondere Dosen und Flaschen, durch die Beklagte zu 1) und / oder Dritte, die nicht zu den Unternehmen der C.-Gruppe gehören, zu vervielfältigen und / oder zu verbreiten und / oder vervielfältigen und / oder verbreiten zu lassen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin vollständige Auskunft zu erteilen, und zwar untergliedert nach den einzelnen Bierprodukten und aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren, über die Anzahl der hergestellten, verbreiteten und sich auf Lager befindlichen Bierprodukte und -verpackungen, die Produktgestaltungen wie sie im Antrag Ziffer 1 beschrieben sind, wiedergeben, und deren Abgabepreise sowie Rechnung zu legen über die mit diesen Bierprodukten und -verpackungen seit dem 27. Juni 2009 erzielten Gewinne, einschließlich der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Bierprodukte und -verpackungen durch Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses über

– Namen und Anschrift aller Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und

– die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke sowie über die Preise, die für die Vervielfältigungsstücke bezahlt wurden.

3. Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt, der Klägerin vollständig Auskunft über die Erlöse zu erteilen, die sie aus der Einräumung und Weiterveräußerung der Nutzungsrechte an den Produktgestaltungen der Klägerin, wie sie im Antrag Ziffer 1 beschrieben sind, an Unternehmen, die nicht zu den Unternehmen der C.-Gruppe gehören, erzielt haben und darüber entsprechend Rechnung zu legen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, wie er sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung gemäß Anträgen Ziffer 2 und 3 ergibt, hilfsweise, der Klägerin die ungerechtfertigte Bereicherung, wie er sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung gemäß Anträgen Ziffer 2 und 3 ergibt, herauszugeben.

Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten halten die Klage für unzulässig, da der laut Antragsformulierung „die Gestaltung begrifflich ausfüllende Begleittext“ aus dem Antrag nicht erkennbar sei und sich der Widerspruch ergebe, dass die gemeinten Texte die Gestaltung nicht begrifflich ausfüllen würden.

Die Beklagten halten die gegenständlichen Gestaltungen für nicht ausreichend individuell, um urheberrechtlichen Schutz zu begründen. Die Klägerin habe nicht einmal hinreichend vorgetragen, woraus sich der Schutz ergeben soll. Die Bezeichnung „Original“ stamme von O.. Die Schrifttypen seien (unstreitig) vorbekannt. Gleiches gelte für die Verwendung der Farbe „weiß“ für die Schrift. Das bloße Weglassen von Gestaltungselementen sei nicht geeignet, urheberrechtlichen Schutz zu begründen.

Die Reduktion der Marke auf die Angabe des Alkoholgehalts in Verbindung mit dem Wort „Original“ sei ebenso wie die einfachen Farbtöne als Hintergrund Idee bzw. Hinweis des Zeugen M. W. von der Beklagten zu 3) gewesen. Die Formulierung des Textes stamme vom Zeugen W. und anderen Mitarbeitern der Beklagten zu 3).

Die Beklagten bestreiten, dass die Gestaltungen auf die Herren F. und / oder S. zurückgehen würden.

Der Nutzung der Gestaltungen auch außerhalb der C.-Gruppe stehe nichts entgegen. Mit der Formulierung des Textes der Vereinbarung in Anlage K 20 „gruppeneigene Produkte“ seien Biergetränke als „Produkte“ gemeint gewesen als Abgrenzung zur Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte für z.B. Merchandising. Die Nutzungsrechtsvereinbarung, Anlage K 20, enthalte einen Zustimmungsvorbehalt (nur) zu Gunsten der Beklagte zu 3), da es in dem Text auch heiße „bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers“.

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung. Die Klägerin habe bereits in 2009 von der Veräußerung an O. erfahren bzw. hätte in 2009 ohne grobe Fahrlässigkeit dies wissen müssen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten, einschließlich Anlagen, soweit Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden, sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 16.03.2015 und vom 25.11.2015. Betreffend das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Verhandlungen vom 03.09.2015 und vom 12.05.2016 verwiesen.

Die Klägerseite hat einen nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.07.2016 zur Akte gereicht.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet.

1.
Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite ist der Unterlassungsantrag, der Klagantrag Ziffer 1, hinreichend bestimmt gefasst.

Gegenstand des Unterlassungsbegehrens sind die Gestaltungen gemäß den Abbildungen in dem Klagantrag Ziffer 1. Soweit es in dem Antrag heißt „mit einem unterhalb des Zusatzes „Original“ angeordneten, die Gestaltung begrifflich ausfüllenden Begleittext“ ist dies – wie in dem ersten Verhandlungstermin erörtert – nicht dahingehend zu verstehen, dass der Inhalt der Texte (Wortwahl, inhaltlicher Aufbau etc.) Gegenstand des Rechtsstreits sein soll. Dies wird auch bereits aus der Formulierung „einem (…) Begleittext“ deutlich sowie auch aus der fehlenden Erkennbarkeit aller einzelnen Begleittexte auf den einzelnen Flaschenetiketten in dem Klagantrag. Auch trägt die Klägerin im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 UrhG zwar zu „puristischem Design“, „klarer Linienführung“ und Verzicht auf Verzierungen, nicht hingegen zum Aufbau des Textes, Wortwahl o.ä. vor.

Gegenstand der Klage ist die Gestaltung des Aufdrucks auf den Bierdosen sowie – betreffend die Bierflaschen – des Labels und der Farbe der Kronkorken, wie sie im Klagantrag Ziffer 1 (entsprechend Ziffer 1 des Tenors dieses Urteils) durch Abbildungen wiedergegeben sind.

Da sich alle Gestaltungsmerkmale aus den Abbildungen ergeben und der beschreibende Wortlaut des Klagantrags Ziffer 1 – ab „gekennzeichnet durch (…) bis „angeordnet“ – weder Erweiterungen noch Beschränkungen des Kreises der Gestaltungsmerkmale enthält, beschränkt die Kammer die Formulierung des Tenors mittels Auslassen dieses beschreibenden Wortlauts.

Auch die Bedenken der Beklagten zu 2) und 3) betreffend die Fassung des Klagantrags zu 1) aus dem Schriftsatz vom 10.06.2016, dort S. 12, teilt die Kammer nicht. Vorliegend ist über Nutzungen zu entscheiden, die durch nicht zur C.-Gruppe gehörende Unternehmen bereits erfolgen und deshalb auch zukünftig drohen. Eventuelle zukünftige eigene Nutzungen der Beklagten zu 2) und zu 3) oder gar Nutzungen nach Rückerwerb der Beklagten zu 1) durch die C.-Gruppe sind hingegen nicht zur Entscheidung gestellt.

2.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG.

2.1.
Die gegenständlichen Gestaltungen sind urheberrechtlich als Werke der angewandten Kunst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG) geschützt.

Vortrag der Klägerin, aus welchen konkreten Merkmalen sich die Individualität der Klagemuster ergeben soll, ist nicht erforderlich. Vorliegend ist die Gestaltung von Konsumgütern gegenständlich. Die vorbekannten Gestaltungen in diesem Bereich sind den Mitgliedern der Kammer – da diese dem einschlägigen Verkehrskreis angehören – bekannt. Durch Betrachten der Abbildungen aus dem Klagantrag Ziffer 1 ist es der Kammer ohne Weiteres möglich, die Schutz begründenden Gestaltungsmerkmale zu identifizieren, ohne dass es diesbezüglichen, konkreten Vortrags bedarf.

Die Klagemuster weisen die für Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe auf. Der Bundesgerichtshofs hat im Urteil „Geburtstagszug“ (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 143/12 –, BGHZ 199, 52-71) bekanntlich entschieden, dass an den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen sind als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Damit genügt es, dass Werke der angewandten Kunst eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen.

Über die konkreten Grenzen von § 2 Abs. 2 UrhG im Bereich der angewandten Kunst unter Berücksichtigung dieser neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss die Kammer im vorliegenden Fall nicht entscheiden, da hier eindeutig die erforderliche Gestaltungshöhe gegeben ist.

Die Schöpfungshöhe der Klagemuster ergibt sich jedenfalls aus der Kombination der folgenden Gestaltungsmerkmale:

– Die Klagemuster weisen eine klare, reduzierte Anmutung auf, durch Beschränkung auf die zweifarbige Gestaltung mit weißer Schrift und grünem bzw. rotem bzw. schwarzem bzw. orangem Hintergrund. Auf „verschnörkelte“ Bedruckung wurde verzichtet. Vorbekannte Gestaltungen weisen oft mehrere verschiedene Farben – oftmals Gold, Grün bzw. Rot enthaltend – bzw. Farbstufen auf und sind mit Zeichen wie z.B. Wappen, Kronen, Sternen, Ornamenten oder Bildern verziert.

– Die Klagemuster sind mit einem einfachen, klaren, schnörkellosen, verbreiteten Schrifttyp bedruckt. Vorbekannt sind hingegen Gestaltungen bei Bierflaschen und -dosen, die oft verschiedene und ungewöhnlichere Schrifttypen aufweisen, oft (auch) verschnörkelte oder geschwungene Schrift.

– Die Beschriftung der Klagemuster ist ausschließlich horizontal angeordnet.

– Der puristische, schlichte Eindruck der Klagemuster wird auch durch die Aufteilung der Designs in drei „Blöcke“ bzw. „Felder“ erzeugt: Einen oberen, fast die Hälfte des Aufdrucks einnehmenden „Block“ mit der Markenbezeichnung (2,5 Original bzw. 5,0 Original), einem darunter stehenden, etwa ein Viertel des Aufdrucks einnehmenden „Block“ mit Begleittext, in dessen unterster Zeile zentriert in größerer, kursiver Schrift ein Wort zur Produktbeschreibung (LEMON, EXPORT, PILS bzw. WEIZEN) zu finden ist sowie einem wiederum darunter stehenden, relativ kurzem Feld mit weiteren Angaben.

Durch die genannten Gestaltungsmerkmale weisen die Klagemuster ein puristisches, reines, unverfälschtes Design auf. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Geradlinigkeit und Schlichtheit des Designs der Individualität der Klagemuster gerade nicht entgegen, sondern bewirkt, dass sich die Klagemuster von den vorbekannten Gestaltungen von Bierflaschen und Bierdosen deutlich abheben.

Als Indiz bestätigen auch – ohne dass es hierauf noch ankäme – die Nennungen, Nominierungen und (bestrittenen) Preisverleihungen betreffend die Klagemuster gemäß Anlagenkonvolut K 38 die vorstehend festgestellte Schöpfungshöhe.

Dass Schlichtheit und Purismus bei anderen Produkte bereits vor den Klagemustern eingesetzt wurde (wie zum Beispiel bei den beklagtenseits angeführten Nivea-Dosen, „PREMIUM-COLA“-Flaschen oder UHU-Kleber-Umverpackungen bzw. –Gebinden), steht dem Schutz der Klagemuster nicht entgegen. Einfachheit, Klarheit und Schlichtheit sind im Bereich des Produktdesigns im Allgemeinen zwar ein bekannter Stil. Schutzbegründend für die Klagemuster ist aber die Anwendung dieses Stils in der konkreten Weise, wie bei der Gestaltung der Klagemuster geschehen.

2.2.
Die Klägerin wurde Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Klagemustern. Hieran hat die Kammer unter Berücksichtigung aller Indizien und insbesondere der durchgeführten Beweisaufnahme keine Zweifel, sodass die – von Klägerseite angebotene – Parteivernehmung der Geschäftsführer der Klägerin nicht durchgeführt werden muss.

Dass die urheberrechtlichen Nutzungsrechte bei der Klägerin bestanden haben, deutet u.a. die „Designberichterstattung“ gem. Anlagenkonvolut K 38 an. Darin ist als Designunternehmen betreffend die Klagemuster wiederholt die Klägerin benannt und als „Art Director“ ihr Geschäftsführer A. S.. Die den Klagemustern entsprechenden Produkte werden auch seit Jahren vertrieben, offenbar ohne dass jemand (anderes als die Klägerin) geltend gemacht hat, die Klägerin sei zur Übertragung von Nutzungsrechten nicht berechtigt gewesen.

Aus den Aussagen der Zeugen Sc. und W. ergibt sich, dass die wesentlichen Gestaltungsentscheidungen, die zu den oben beschriebenen Designs geführt haben, durch den Geschäftsführer der Klägerin, A. S., mit Unterstützung seines Mitarbeiterteams getroffen worden sind. Dies betrifft zum Beispiel Fragen der Auswahl des Schifttyps, der konkreten Hintergrundfarben etc.. Die Zeugen Sc. und W. haben u.a. ausgesagt, A. S. sei der „kreative Kopf“ gewesen. Der Zeuge W. hat u.a. ausgesagt, „das Team unter Leitung von A. S.“ habe die Entscheidung für die konkrete Farbauswahl getroffen und für die Anordnung der Textblöcke (oben „5,0“, mittig „Original“, unten Fließtext). An der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen hat die Kammer keine Zweifel. Die Aussagen weisen keine wesentlichen Widersprüche auf und entsprechen den oben genannten Indizien aus Anlagenkonvolut K 38. Soweit die Zeugen betreffend konkrete Einzelheiten keine genauen Erinnerungen mehr hatten, ist dies durch den Zeitablauf von ca. 10 Jahren zu erklären.

Für die Rechteinhaberschaft muss nicht aufgeklärt werden, ob Mitarbeiter der Klägerin – wie die Zeugen Sc. und W. – Gestaltungsbeiträge geliefert haben, die sie zu Miturhebern der Klagemuster machen. Betreffend die Gestaltungsleistungen des A. S. wurde die Klägerin – wie sich auch aus Anlage K 35 ergibt – Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte. Gleiches gilt im Ergebnis auch für eventuelle schöpferische Beiträge der Teammitglieder. Alle Mitglieder des Designteams waren bei der Klägerin angestellt. Soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeitsverhältnisses nichts anderes ergibt, sind gemäß § 43 UrhG auch in einem solchen Fall die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes über die Einräumung von Nutzungsrechten (§§ 31 ff. UrhG) anzuwenden. Sollten die Parteien der Arbeitsverträge nicht ausdrücklich geregelt haben, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG nach dem von beiden Arbeitsvertragsparteien zugrunde gelegten Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 209/07 –, Rn. 11, juris). Bei angestellten Designern eines Produktdesign-Unternehmens können – soweit wie vorliegend keine besonderen, gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen – auch ohne ausdrückliche Absprachen keine Zweifel bestehen, dass der Arbeitgeberin mit der Übergabe von Gestaltungsleistungen durch die angestellten Designer alle denkbaren Nutzungsrechte jedenfalls konkludent übertragen worden sind. Alternativ müsste das Produktdesign-Unternehmen im Zusammenhang mit einzelnen Aufträgen nicht nur mit Kunden sondern parallel auch mit den beteiligten Mitarbeitern über Umfang der Lizensierung und Höhe des Entgelts verhandeln, was lebensfremd erscheint. Eine konkludente Rechteeinräumung ist immer dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis schöpferisch tätig wird, dem Arbeitnehmer bekannt ist, dass die Werke für die Nutzung durch den Arbeitgeber bestimmt sind und sein Arbeitsentgelt auch schöpferisches Tätigwerden berücksichtigt (Nordemann in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Auflage, § 43 UrhG Rn. 30). So verhält es sich hier betreffend (eventuelle) schöpferische Beiträge der bei der Klägerin angestellten Designer.

Eine Miturheberschaft des Zeugen W., damals Mitarbeiter der Beklagten zu 3), besteht hingegen nicht. Substantiiert haben die Beklagten insoweit nur vorgetragen, die Reduktion der Marke auf die Angabe des Alkoholgehalts („5,0“ bzw. „2,5“) in Verbindung mit dem Wort „Original“ sowie einfache Farbtöne als Hintergrund seien Ideen bzw. Hinweise des Zeugen W. gewesen. Auch sei der Text von dem Zeugen W. formuliert worden. All dies kann unterstellt werden, ohne dass dies den Zeugen W. zum Miturheber der gegenständlichen Gestaltungen machen würde. Der Text prägt die Gestaltung der Klagemuster nicht. Er könnte durch einen abweichend formulierten Text ausgetauscht werden, ohne dass sich an dem Gestaltungseindruck der Klagemuster maßgeblich etwas ändern würde. Lediglich in der letzten Zeile des Textes müsste das eine beschreibende Wort „Pils“ bzw. „Lemon“ bzw. „Export“ bzw. „Weizen“ mittig vorkommen. Bei der angeblichen Vorgabe „einfache Farbtöne als Hintergrund“ handelt es sich nicht um einen maßgeblichen gestalterischen Beitrag. Die Auswahl der konkreten Farben und Farbtöne erfolgte bei der Klägerin. Auch die bloßen Zahlen („5,0“ bzw. „2,5“) einschließlich Verbindung mit dem Wort „Original“ sind keine maßgeblichen schöpferischen Beiträge; maßgeblich ist die konkrete Gestaltung der Kombination beider Angaben.

Im Übrigen haben die Beklagten lediglich – insoweit unsubstantiiert – vorgetragen, der Zeuge habe wesentliche Vorgaben für die Gestaltungsmerkmale des Konzepts gemacht. Das Urheberrecht schützt allerdings bekanntlich nicht alle Ergebnisse individueller geistiger Tätigkeit, sondern nur Werke im Sinne von § 2 UrhG. Selbst wenn eine Idee zu einem Konzept weiter entwickelt worden ist, genügt das nicht. Gegenstand des Urheberrechtsschutzes kann nur das Ergebnis der schöpferischen Formung eines bestimmten Stoffes sein; daran fehlt es bei einem bloßen Konzept, also einer vom Inhalt losgelösten Anleitung zur Formgestaltung (OLG Köln, Beschluss vom 22. Juni 2009 – I-6 U 226/08, 6 U 226/08). Insoweit sind durch den Zeugen W. auch durch die Vorgabe der „Spee“-Route bzw. des „PREMIUM-COLA“-Designs (vgl. S. 9 ff. des Schriftsatzes vom 10.06.2016) keine schöpferischen Beiträge, sondern nur konzeptionelle Vorgaben geleistet worden.

Dem Schriftsatzantrag der Beklagten zu 2) und 3) aus dem Termin vom 12.05.16 den Vortrag bzgl. Vorgaben von Herrn W. konkretisieren zu wollen, war nicht zu entsprechen, denn dieser tatsächliche Gesichtspunkt war nicht neu, so dass die Beklagten bereits im Termin hätten vortragen müssen.

2.3.
Die Beklagte zu 1) vervielfältigt und verbreitet die Produkte mit den streitgegenständlichen Gestaltungen. Die Beklagten zu 2) und zu 3) waren an diesen Nutzungen insofern beteiligt, als sie nicht nur die Vervielfältigung und Verbreitung der Produkte durch die Beklagte zu 1) – der damaligen Tochtergesellschaft – vor ca. 10 Jahren veranlassten, sie waren auch beide an dem Verkauf der F. B. GmbH mit der Beklagten zu 1) an die O. B. gem. Anlage B 4 (der Beklagtenvertreter zu 2) und 3)) als Vertragspartner und insofern an den nachfolgenden Nutzungen (ab dem 01.08.2009) soz. „durch O.“ beteiligt.

Ihre Verantwortlichkeit wird von den Beklagten auch nicht (substantiiert) in Abrede gestellt.

2.4.
Diese Nutzungen ab dem 01.08.2009 waren widerrechtlich.

Zwar durften die Beklagte zu 3) – als Vertragspartnerin der Klägerin – und auch die Beklagten zu 1) und zu 2) die Gestaltungen ab 2006 verbreiten und vervielfältigen. Nach der Veräußerung der Beklagten zu 1) an die O. B. waren die Nutzungen aber nicht mehr berechtigt.

Nach § 34 Abs. 3 S. 1 UrhG kann ein Nutzungsrecht zwar ohne Zustimmung des Urhebers veräußert werden, wenn die Übertragung im Rahmen der Gesamtveräußerung des Unternehmens oder von Teilen eines Unternehmens geschieht. Vorliegend ist aber der Rechteübergang in dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten ausgeschlossen worden, mit der (dinglichen) Folge fehlender Nutzungsberechtigung der Beklagten zu 1) (vgl. Schulze in Dreier/Schulze, UrhG-Kommentar, 5. Auflage, § 34 Rn. 30, 52; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Juli 1986, Gz. I ZR 102/84 – Videolizenzvertrag).

In der zwischen der Klägerin und der Beklagten betreffend Nutzungsrechte getroffenen Vereinbarung, Anlage K 20, heißt es insoweit:

„f. + s. d. S. GmbH räumt H. und den übrigen deutschen Unternehmen der C. Gruppe das zeitlich und räumlich unbegrenzte, unwiderrufliche und ausschließliche Nutzungsrecht nach Maßgabe des deutschen Urheberrechtsgesetzes an ihren urheberrechtlich geschützten finalen Leistungen / Werke einschließlich aller sonstigen denkbaren Rechtspositionen an den mit diesen Leistungen unmittelbar verbundenen Ideen und Gestaltungen ein, diese auf alle gesetzlich zulässigen Nutzungsarten nutzen zu dürfen. (…).

Die Rechte gehen erst mit der vollständigen Zahlung des Gesamthonorars und der Erstattung aller Nebenkosten aus dem Auftrag auf den Auftraggeber über. Die Weiterübertragung der eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers.“

Davorstehend enthält die Vereinbarung – geschlossen unter einem Briefkopf der Beklagten zu 3) – den Satz:

„Dass wir die Labels und Designs nur für gruppeneigene Produkte einsetzen, versteht sich dabei von selbst.“

Die beiden – durch das Gericht – kursiv gedruckten Sätze der Vereinbarung sind nach den vorliegenden Anhaltspunkten dahingehend zu verstehen, dass die Nutzungen nur durch Unternehmen der C.-Gruppe erfolgen durften, jegliche Übertragungen auf nicht zu dieser Unternehmensgruppe gehörende Unternehmen hingegen der vorherigen Zustimmung der Klägerin bedurft hätte.

„Gruppeneigene“ (Produkte) ist im Sinne von (Produkten der) C.-Gruppe zu verstehen. So war die Formulierung des von der Beklagten zu 3) verfassten Vertragstextes für einen objektiven Erklärungsempfänger in der Situation der Klägerin zu verstehen.

Die Formulierung „Gruppe“ wird in der Anlage K 20 (nur) an einer weiteren Stelle, nämlich bei „Unternehmen der C. Gruppe“ genutzt.

Die Formulierung ist im Zusammenhang mit der Regelung „Die Weiterübertragung der eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers“ zu sehen. Gemeint war in diesem Satz „Auftragnehmers“, nicht „Auftraggebers“, es wurde also ein Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten der Klägerin für Weiterübertragungen der Nutzungsrechte an Dritte vereinbart. In der gesamten Vereinbarung kommt zum Ausdruck, dass die Unternehmen der C.-Gruppe zu allen denkbaren Nutzungen berechtigt sein sollten, diese Rechteeinräumung aber auf die C.-Gruppe beschränkt wurde.

Dass Vorstehendes gemeint war, ergibt sich auch aus der Entstehung des Vertragstextes. Grundlage des Vertragstextes war offenkundig die Klausel der Klägerin zur Nutzungsrechtseinräumung aus ihrem Vertragsangebot, Anlage K 10, in welchem ein Zustimmungsvorbehalt „des Auftragnehmers“ enthalten war. Der Absatz beginnend mit „die Rechte gehen erst (…)“ in der Vereinbarung Anlage K 20 entspricht wörtlich – mit Ausnahme nur des Wortes „Auftraggebers“ – der Formulierung des Vertragsangebots der Klägerin. In dem Vertragsangebot der Klägerin heißt es:

„Die Rechte gehen erst mit der vollständigen Zahlung des Gesamthonorars und der Erstattung aller Nebenkosten aus dem Auftrag auf den Auftraggeber über. Die Weiterübertragung der eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftragnehmers.“

In der Vereinbarung gem. Anlage K 20 heißt es, wie oben bereits wiedergegeben:

„Die Rechte gehen erst mit der vollständigen Zahlung des Gesamthonorars und der Erstattung aller Nebenkosten aus dem Auftrag auf den Auftraggeber über. Die Weiterübertragung der eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers.“

Dass kein Zustimmungsvorbehalt für die Auftraggeberseite gemeint war, ergibt sich auch daraus, dass anderenfalls die Worte „Weiterübertragung“ und „eingeräumten“ keinen Sinn ergeben würden. Auch ist in dem einschlägigen Abschnitt, beginnend mit Anführungszeichen und „f. + s. d. S. GmbH räumt (…)“ auf Seite 1 der Anlage K 20, endend mit Abführungszeichen nach „Zustimmung des Auftraggebers“ nur von Nutzungsrechten an finalen Leistungen und damit unmittelbar verbundenen Ideen und Gestaltungen die Rede, während weitere Entwürfe (nur) in Absatz 2 auf Seite 1 des Schreibens angesprochen worden sind. Die Auslegung der Beklagten und des Zeugen W., es habe ein Zustimmungsvorbehalt der Auftraggeberin betreffend die nicht-finalen Leistungen vereinbart werden sollen, überzeugt aus diesen Gründen nicht. Das „Auftraggebers“ in der Anlage K 20 stellt sich als Schreibfehler dar. Dass dies nicht der Fall und „Weiterübertragung“ und „eingeräumten“ ein Schreibfehler wären, überzeugt gerade auch unter Berücksichtigung des Aufbaus der Anlage K 20 nicht.

Dass mit dem Wort „gruppeneigene“ (Produkte) aufgrund vorheriger mündlicher Absprachen „Kerngeschäft“ (bzw. Ausschluss von Merchandising) gemeint war, überzeugt ebenfalls nicht. Der Zeuge W. hat dies zwar ausgesagt. Seine Aussage überzeugt das Gericht aber insofern nicht, als er an Inhalt und die Zeit dieses konkreten Gesprächs und die Person des konkreten Gesprächspartners auf Klägerseite keine Erinnerung mehr hatte. Auch passt diese Behauptung nicht zur Ablehnung der Beschränkung der Nutzungsrechtsübertragung auf den vertraglich vereinbarten Zweck (auf Seite 1 der Anlage K 20) durch die Beklagte zu 3).

Überzeugend erscheint vielmehr, dass die Beklagte zu 3) mit der Beschränkung der Nutzung durch Unternehmen der C.-Gruppe einverstanden war, weil man sich damals nicht vorstellen konnte, dass es zu Nutzungsrechteübertragungen bzw. Veräußerung von Tochtergesellschaften (mit Nutzungsrechten) kommen würde. Hierfür spricht auch die Aussage des Zeugen W., die Frage einer Weiterübertragung an Dritte habe sich nach seiner Erinnerung zu jener Zeit gar nicht gestellt, damals habe keiner auf Beklagtenseite darüber nachgedacht.

2.5.
Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist durch die Rechteverletzung indiziert.

2.6.
Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).

Es trifft bereits nicht zu, dass grob fahrlässige Unkenntnis (oder gar Kenntnis) der Rechtsverletzung auf Klägerseite bereits im Jahre 2009 bestand. Über den Verkauf der F. B. an die O. B. wurde nach Anlagenkonvolut B 7 zwar in Internet-Medien berichtet. Dies jedoch nicht in konkreten Medien, bei denen unterstellt oder erwartet werden kann, dass diese von der Klägerin zur Kenntnis genommen wurden. Die Berichte erfolgten nach hiesiger Vortragslage nur auf Internetseiten der H… A… Zeitung (http://www. h..de), von http://www. l.b..de, http://www. l.m..net und http://www. i.-g..de.

3.
Die Auskunftsansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten ergeben sich aus § 101 UrhG. Betreffend den Klagantrag Ziffer 2 ist durch die Beklagten zu 2) und 3) nicht geltend gemacht worden, ihnen sei die Erteilung der Auskünfte nicht möglich.

Es ist allerdings erst Auskunft ab dem 01.08.2009 zu erteilen und nicht – wie beantragt – ab dem 27.06.2009. Der Unternehmenskaufvertrag vom 26.06.2009 (Verkauf an O. B.) wurde ausweislich der Anlage B 4 erst mit Wirkung zum 01.08.2009 vollzogen.

4.
Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG zu. Wie oben dargelegt, erfolgte eine widerrechtliche Urheberrechtsverletzung. Die Beklagten handelten auch fahrlässig und damit schuldhaft.

5.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit sind auf § 709 ZPO gestützt.