LG Hamburg: Eine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe von 500,00 EUR ist nicht ausreichend

veröffentlicht am 21. April 2021

LG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2015, Az. 308 O 135/15
§ 77 Abs. 2 UrhG, § 97 Abs. 1 S.1 UrhG, § 120 Abs. 2 Nr. 2 UrhG, § 125 Abs. 1 UrhG

Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe von 500,00 EUR nicht geeignet ist, die mit dem Angebot einer urheberrechtswidrigen Bootleg-CD einhergehende Wiederholungsgefahr auszuräumen. Dies stelle, so das Amtsgericht, keine angemessene Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung dar, denn es sei nicht absehbar, in welchem Umfang kerngleiche Verletzungen begangen werden könnten. Zum Volltext der Entscheidung:


Benötigen Sie einen Rechtsanwalt für Urheberrecht?

Benötigen Sie Hilfe bei der Durchsetzung Ihres Urheberrechts oder hinsichtlich einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung? Rufen Sie gleich an: 04321 / 390 550 oder 040 / 35716-904. Schicken Sie Ihre Unterlagen gern per E-Mail (info@damm-legal.de) oder per Fax (Kontakt). Die Kanzlei ist durch zahlreiche Verfahren (Gegnerliste) mit dem Urheberrecht umfassend vertraut und hilft Ihnen umgehend dabei, eine Lösung für Ihr Problem zu finden.


Landgericht Hamburg

Urteil

1.
Im Wege  einer  einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne  mündliche Verhandlung – wird  dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und  für  den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 EUR; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre) verboten, den LP-Tonträger … mit Darbietungen der Musik-Gruppe … anzubieten, wie in dem beim Internet-Auktionshaus eBay eingestellten Angebot zu der Artikelnummer … geschehen.
 
2.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 10.000,00 EUR zu tragen.

Entscheidungsgründe

A.
Der auf Antrag der Antragstellerin ergangenen Entscheidung liegen prozessual die Regelungen der §§ 935 ff., 922 ZPO zugrunde, wobei die Zuständigkeit des Gerichts aus§ 32 ZPO folgt. Der  – verschuldensunabhängige – Verbots- bzw. Unterlassungsanspruch folgt aus den §§ 97, 77 UrhG, die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

I.
Der Antrag auf Erlass  der einstweiligen Verfügung ist zulässig, insbesondere ist die örtliche Zuständigkeit des  Landgerichts  Hamburg gegeben. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12,13 ZPO, § 104a UrhG. Der Antragsgegner hat seinen Wohnsitz in Hamburg und das eBay-Angebot des Antragsgegners war nicht gewerblich.

II.
Die Antragstellerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen des tenorierten, aus §§ 97 Abs. 1 Satz 1, 77 Abs. 2 UrhG folgenden Unterlassungsanspruchs dargelegt und glaubhaft gemacht.

1.
Gegenstand des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ist das Verbreitungsrecht im Sinne des § 77 Abs. 2 UrhG an Aufnahmen des ausübenden Künstlers im Sinne des § 73 UrhG.

2.
Der Schutz der Rechte der ausübenden Künstler nach § 77 UrhG steht auch den Mitgliedern der Musikgruppe … zu,  da diese als britische Staatsbürger gemäß §§ 125 Abs. 1, 120 Abs. 2 Nr. 2 UrhG Inländerschutz genießen.

3.
Die  Antragstellerin hat (durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der … vom 04.11.2014, Ast 1) glaubhaft gemacht, dass sie aus abgeleitetem Recht über die exklusiven Künstlerleistungsschutzrechte der Mitglieder der Künstlergruppe  … im Sinne des § 77 UrhG verfügt. Die Musiker haben ihre Rechte an allen bis zum 31.12.1986 entstandenen Aufnahmen auf die Antragstellerin übertragen.

4.
Am 13.03.2015 erlangte die Antragstellerin Kenntnis davon, dass der Antragsgegner unter dem Verkäufernamen … bei eBay den im Tenor genannten Tonträger zum Kauf anbot (Anlage Ast. 2). Dies hat sie durch eidesstattliche Versicherung des Company Secretary der Antragstellerin, Herrn  …, vom 25.03.2015 (Anlage Ast. 5) glaubhaft gemacht. Weiter ist glaubhaft gemacht worden, dass es sich bei den Aufnahmen auf dem Tonträger um Bootlegs, also um nicht autorisierte Aufnahmen handelt.

5.
Der Antragsgegner ist für das  Angebot verantwortlich. Laut der Auskunft von eBay vom 14.03.2015 (Anlage Ast.3) handelte er unter dem Namen … und war damit Anbieter des Tonträgers. Dies hat er durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30.03.2015 (Anlage ASt 7) auch eingeräumt.

6.
Das Anbieten der Aufnahmen ohne Rechtseinräumung durch die Antragstellerin verletzt in widerrechtlicher Weise das Recht der ausübenden Künstler auf Verbreitung im Sinne des § 77 UrhG, welches auch ein Anbieten erfasst. Auf ein Verschulden des Antragsgegners, insbesondere darauf, ob er erkennen konnte, dass es sich bei der angebotenen LP um ein Bootleg handelte, kommt es für den Unterlassungsanspruch  nicht an, denn dieser besteht verschuldensunabhängig.

7.
Das widerrechtliche Angebot der Tonaufnahmen begründet die Vermutung einer Wiederholungsgefahr.

Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre neben der Entfernung des Angebots aus dem Internet die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten, vorbehaltlosen und – dies insbesondere – hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich gewesen.

Die von dem Antragsgegner unterzeichnete Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 28.03.2015 (Anlage Ast. 7) reicht zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr nicht aus, denn sie beschränkt die Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall auf 500,00 EUR. Dies stellt keine angemessene Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung dar, denn es ist nicht absehbar, in welchem Umfang kerngleiche Verletzungen begangen werden könnten.

Der Anspruchsgegenstand wird durch dieses Vertragsstrafeversprechen nicht angemessen gesichert.

II.
Ein Verfügungsgrund liegt vor. Dieser folgt bereits aus der Wiederholungsgefahr. Die Antragstellerin hat die Angelegenheit außerdem geboten zügig verfolgt. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, erstmals am 13.03.2015 von dem angegriffenen Angebot Kenntnis erlangt zu haben.

B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert ist nach den §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO in Anlehnung an die Werteinschätzung der Antragstellerin in der Antragsschrift geschätzt worden. Diese Schätzung ist angemessen. Nach der Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts kann bereits im Falle des privaten Verkaufs eines Kopplungstonträgers mit lediglich einem einzigen nicht lizenzierten Titel ein Gegenstandswert von 6.000,00 EUR angemessen sein (OLG Hamburg, Beschluss vom 14.12.2009, Az. 5 W 114/09, Az. 5 W 120/09). Hier geht es um die Darbietung von mehreren Titeln auf einem Tonträger.