LG Düsseldorf: Zur wirksamen Übertragung von Nutzungsrechten an Lichtbildern

veröffentlicht am 23. November 2015

LG Düsseldorf, Urteil vom 26.08.2015, Az. 12 O 370/14
§ 97 Abs. 2 S. 1 UrhG, § 72 UrhG, § 19a UrhG

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Landgericht Düsseldorf

Urteil

Die Beklagte wird verurteilt,

a)
an den Kläger 8.350,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2014 zu zahlen;

b)
an den Kläger 1.141,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, ein auf Architektur spezialisierter Berufsfotograf, macht Ansprüche auf Schadensersatz sowie Abmahnkosten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von fünf Lichtbildern auf der Internetseite der Beklagten geltend.

Im September 2006 bzw. März 2007 erstellte der Kläger auf Initiative der A die aus der Anlage ersichtlichen Lichtbilder des Modells des C Stadions. Dabei wurde das Modell mit verschiedenen Lichtquellen von außen angestrahlt. Im nächsten Schritt wurde der Vordergrund eingearbeitet. Es wurden die Menschen, die auf den Bildern zu sehen sind und isoliert als Aufnahme vorlagen, in einem weiteren Schritt per Composing in die Aufnahmen des Modells eingefügt.

Mit dem als Anlage K 6 überreichten anwaltlichen Schreiben vom 15. Mai 2014 mahnte der Kläger die Beklagte wegen der Verwendung der fünf Lichtbilder auf ihrer Internetseite ab. Am 2. Juni 2014 gab die Beklagte rechtsverbindlich, jedoch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung ab (Bl. 28 GA).

Mit Schreiben vom 24.07.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Bilder in der Zeit vom 18.11.2008 bis zum 23.05.2014 auf ihrer Hompage verwendet worden seien.

Hinsichtlich der Abmahnkosten begehrt der Kläger die Zahlung von 1.314,50 Euro, wobei er ausgehend von einem Streitwert von 30.000,00 Euro eine 1,5 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG sowie eine Auslagenpauschale von 20,00 Euro geltend macht.

Der Kläger behauptet, er habe den B eine CD mit den Bildern übergeben, welche das aus der Anlage K5 (Bl. 23 GA) ersichtliche Inlay enthalten habe, wonach ein zeitlich und räumlich uneingeschränktes einfaches Nutzungsrecht für unternehmenseigene Publikationen an die B übertragen worden sei und ausdrücklich festgehalten worden sei, dass die Weitergabe an Dritte zu darüber hinausgehender Verwendung auch in Teilen oder veränderter Form der Zustimmung des Klägers bedürfe.

Der Kläger beziffert den im Wege der Lizenzanalogie geltend gemachten Schadensersatz ausgehend von den Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) für die Veröffentlichung von November 2008 bis zur Entfernung der Lichtbilder von der Internetseite der Beklagten im Jahr 2014 auf 5.425,00 Euro, worauf er wegen fehlender Urheberbenennung einen Zuschlag von 100 % begehrt, aber insgesamt wegen der „Kombinutzung“ einen Betrag von 8.350,00 Euro geltend macht.

Der Kläger beantragt,

a) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.350,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. November 2008 zu zahlen,

b) an ihn 1.314,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Mai 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Übergabe der CD mit dem Inlay mit Nichtwissen. Der Fußballverein habe mehrere Exemplare des Stadionentwurfs in Papierform von den Architekten erhalten, die zu keinem Zeitpunkt erwähnt hätten, dass die Alleinnutzungsberechtigung beim Kläger liege. Die Bilder seien sodann zu Promotionszwecken seitens des Fußballvereins genutzt und in diesem Zuge auch der Beklagten zur Verfügung gestellt worden. Der Fußballverein habe der Beklagten versichert, dass eine Berechtigung zur Nutzung der Bilder vorhanden sei. Entsprechende rechtliche Vereinbarungen seien auch zwischen B und C getroffen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung sowie einen Teil der Abmahnkosten begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten im Hinblick auf die Verwendung der Lichtbilder auf der Internetseite insgesamt einen Schadensersatz in Höhe von 8.350,00 Euro beanspruchen (§§ 97 Abs. 2 Satz 1, 72, 19a UrhG). Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob es sich bei den streitgegenständlichen Lichtbildern um Lichtbildwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG handelt, da die Vorschriften des §§ 97, 19 UrhG gemäß § 72 UrhG anzuwenden sind.

Durch die Verwendung der Lichtbilder auf ihrer Internetseite hat die Beklagte in das Recht des Klägers aus § 19a UrhG eingegriffen, ohne dass ihr ein entsprechendes Nutzungsrecht übertragen worden ist. Unstreitig hat sie die vom Kläger erstellten Lichtbilder auf ihrer Internetseite öffentlich zugänglich gemacht. Soweit sie sich darauf beruft, die Bilder seien zu Promotionszwecken seitens des Fußballvereins genutzt worden und in diesem Zuge auch der Beklagten zur Verfügung gestellt worden, vermag dies eine wirksame Rechteübertragung auf sie nicht zu begründen. Die Beklagte hat eine Rechtekette zu ihren Gunsten nicht substantiiert dargelegt. Sie behauptet zwar, dass sie lediglich Bilder verwendet habe, die ihr von dem Verein, vertreten durch den Präsidenten, „für Werbe- und Veröffentlichungszwecke“ zur  Verfügung gestellt worden seien und der Verein versichert habe, dass eine Berechtigung zur Nutzung der Bilder vorhanden sei. Dieses Vorbringen lässt jedenfalls nicht erkennen, inwieweit dem Verein ein Recht zur Übertragung von Nutzungsrechten zustand. Das Vorbringen der Beklagten erschöpft sich insoweit in den pauschalen Sätzen „entsprechende rechtliche Vereinbarungen“ seien auch zwischen B und C geschlossen worden. Unabhängig davon, dass die B ausweislich der vom Kläger vorgelegten Vereinbarung zur Tragung von Nutzungsrechten zur Weitergabe ohne Einverständnis des Klägers nicht befugt waren, ist nicht ersichtlich, zwischen wem konkret welche konkreten Vereinbarungen getroffen worden sein sollen. Insoweit ist das Vorbringen zu einer wirksamen Übertragung der Nutzungsrechte auf die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.

Durch die Verwendung der Bilder handelte die Beklagte jedenfalls fahrlässig im Sinne von §§ 276, 31 BGB. Bei einer Beurteilung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist im Rahmen des Schadenersatzanspruchs nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG ein strenger Maßstab anzulegen (BGH GRUR 1998 568, 569-Beatle-CD; Wandtke/Bullinger: Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage, 2014, § 97, Rn. 52). Die Beklagte ist keinesfalls der ihr obliegenden Prüfungspflicht hinsichtlich der Rechtekette nachgekommen. Soweit sie behauptet, der Fußballverein habe ihr versichert, dass eine Berechtigung zur Nutzung der Bilder vorhanden sei, ist ihr Vorbringen nicht hinreichend substantiiert, da nicht erkennbar ist, inwieweit eine zur Vertretung des Vereins berechtigte Person Erklärungen abgegeben hat. Zudem ist auch nicht ersichtlich, welche konkreten Erklärungen abgegeben worden sind. Selbst wenn eine entsprechende Zusicherung erfolgt ist, so konnte sich die Beklagte allein auf diese nicht verlassen. Vielmehr hätte sie sich hinsichtlich der Wirksamkeit der Rechteübertragung bei den entsprechenden Rechteinhabern vergewissern müssen.

Der Kläger kann im Wege der Lizenzanalogie Schadensersatz beanspruchen. Die Kammer hält insoweit die Anwendung der MFM für gerechtfertigt. Angesichts der Qualität der Lichtbilder kann der Schadensersatz aufgrund der Tarifübersichten über Bildhonorare 2008 beziffert werden. Der vom Kläger geltend gemachte Betrag gibt das wieder, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Rechteeinräumung gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer bei Kenntnis der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung gewährt hätte. Es ist auch von einem Nutzungszeitraum von über 5 Jahren auszugehen. Maßgeblich ist insoweit die außergerichtliche Auskunft der Beklagten, an der sich diese festhalten lassen muss. Soweit sie nunmehr einen geringeren Nutzungszeitraum behauptet und vorträgt, die Bilder seien im September 2011 auf der Homepage der Beklagten veröffentlich worden, ist ihr Vorbringen insoweit nicht zu berücksichtigen, als dass sie in keiner Weise darlegt, inwieweit es vorgerichtlich zu einer falschen Auskunft gekommen ist. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das neuerliche Vorbringen ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer kann der Kläger auch wegen der unterbliebenen Urheberbenennung einen Zuschlag von 100% beanspruchen.

Der zuzusprechende Schadensersatz von 8.350,00 Euro ist jedoch gemäß §§ 288 Abs. 1, 286, 291 ZPO ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Soweit der Kläger eine Verzinsung seit dem 18. November 2008 begehrt, hat er diese nicht näher begründet.

Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist lediglich in Höhe von 1.141,90 Euro begründet, § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass eine berechtigte Abmahnung erfolgt ist. Die Abmahnung entsprach auch den Anforderungen gemäß § 97a Abs. 2 Nr. 1-4 UrhG. Der berücksichtigte Streitwert von 6000 EUR pro Lichtbild erscheint im Hinblick auf die Qualität der Lichtbilder sowie die kommerzielle Nutzung auf der Internetseite der Beklagten gerechtfertigt. Der Kläger kann jedoch lediglich eine 1,3 Gebühr gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V.m Nr. 2300 VV nebst Auslagenpauschale verlangen. Anhaltspunkte für einen darüber hinaus gehenden Anspruch sind weder dargetan noch ersichtlich.

Der Betrag ist seit dem 31.05.2014 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, da sich die Beklagte aufgrund der im anwaltlichen Schreiben vom 15. Mai 2014 erfolgten Fristsetzung seit diesem Zeitpunkt in Verzug befindet (§§ 288 Abs. 1 Satz 2, 286 Abs. 1, 286 BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.

Streitwert: 9.664,50 Euro