AG Stuttgart: Zur Haftung und Darlegungslast eines Anschlussinhabers beim Vorwurf des Filesharings

veröffentlicht am 3. Januar 2017

AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16
§ 97 Abs. 2 S. 1 UrhG; § 832 BGB, § 1004 BGB

Eine Zusammenfassung der Entscheidung des AG Stuttgart finden Sie hier (AG Stuttgart – Haftung und Darlegungslast des Anschlussinhabers), den Volltext finden Sie nachstehend:


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Amtsgericht Stuttgart

Urteil

wegen Kostenerstattung und Schadenersatz aus Urheberrechtsverletzung

hat das Amtsgericht Stuttgart durch … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 für Recht erkannt:

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheits­leistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert: 3.099,00 EUR

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten für das angebliche wi­derrechtliche Zugänglichmachen des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ durch den Beklagten. Die Klägerin trägt vor, ihr stünden die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungs­rechte an dem Computerspiel zu. Das Werk sei am 09.10.2014 11:32:51 und am 10.10.2014 18:58:15 im Rahmen einer Internet-Tauschbörse von dem Internetanschluss mit der IP-Adresse … und … angeboten worden. Dies sei durch die von ihr mit der Recher­che von Urheberrechtsverletzungen im Internet beauftragten Firma Excipio festgestellt worden.

Nach Durchführung des Gestattungsverfahrens vor dem Landgericht Köln habe der Provider die vorstehenden Datensätze dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet.

Die Klägerin hat sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 07.11.2014 den Beklagten abgemahnt, zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung und zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 EUR sowie zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 EUR aufgefordert. Dem Beklagten wurde ein Vergleichsangebot zur Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 850,00 EUR unterbreitet.

Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch keine Zahlung.

Die Klägerin begehrt nunmehr Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Hö­he von mindestens 2.000,00 EUR.

Sie ist der Ansicht, für die Berechnung der Schadenshöhe sei der 400-fache Wert einer Lizenz im Verletzungszeitpunkt anzunehmen. Bei der Schadensbemessung sei zu berücksichtigen, dass das Spiel äußerst erfolgreich gewesen sei und einen Verkaufspreis von 19,99 EUR erzielt habe.

Für die geforderten Abmahnkosten ist nach Ansicht der Klägerin ein Gegenstandswert für die Un­terlassung in Höhe von 30.000,00 EUR anzusetzen. Zuzüglich des geforderten Schadensersat­zes seien daher Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR netto aus einem Gegenstandswert in Höhe von 35.000,00 EUR entstanden.

Die Klägerin behauptet eine Täterschaft des Beklagten und bestreitet eine Tatbegehung durch Dritte. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe mit der Angabe der möglichen Täterschaft seiner ehemaligen Ehefrau und seiner beiden minderjährigen Söhne seine sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt, wobei seitens der Klägerin auch die Existenz der beiden Söhne bestritten wird.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zu­züglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zen­tralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz zu zah­len, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der den Betrag von 2.000,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit nicht unterschreiten sollte.

Der Beklagte beantragt:

Klagabweisung.

Der Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin, die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen sowie die zutreffende Zuordnung dieser an seinen Internetanschluss durch den Provider.

Der Beklagte bestreitet weiter die im Streit stehende Rechtsverletzung begangen zu haben.

Zum Tatzeitpunkt sei der Internetanschluss neben ihm von seiner damaligen Ehefrau und seinen am 14.12.1977 und 14.02.2004 geborenen Söhnen benutzt worden. Alle Personen hätten hierbei über einen eigenen Computer bzw. Tablet verfügt.

Zwar hätten seine Familienangehörige auf entsprechende Nachfragen seinerseits die Benutzung einer Tauschbörsensoftware nicht eingeräumt; ausschließen könne er eine solche Nutzung je­doch trotzdem nicht.

Das W-Lan sei individuell passwortgesichert und nach WPA 2 verschlüsselt gewesen. Seine beiden Söhne habe er auch explizit den Umgang mit Tauschbörsen verboten.

Der Beklagte bestreitet ferner die von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzhöhe sowie die Angemessenheit des von der Klägerin angesetzten Gegenstandswertes für die Abmahnung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

A)
Das angerufene Gericht ist sachlich gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich gem. § 104 a Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 105 Abs. 2 UrhG und § 13 der Zuständigkeitsverordnung JuBW zuständig.

B)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.000,00 EUR gem. § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG.

Auch bei Annahme einer Rechteinhaberschaft der Klägerin und der weiteren Annahme, dass so­wohl die Ermittlungen der Fa. Excipio und der Beauskunftung durch den Provider zutreffend wa­ren, ist eine Schadensersatzpflicht des Beklagten nicht gegeben.

1.
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Nachweis einer Täterschaft des Beklagten nicht er­bracht.

a)
Wird über ein Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeit­punkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.

Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darle­gung; dieser genügt er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen BGH, Urteil vom 08.01.2014, Aktz: I ZR 169/12, BearShare).

Dem Anschlussinhaber obliegt es somit im Sinne einer sekundären Darlegungslast einen ebenso möglichen Geschehensablauf vorzutragen, nach dem die Tatbegehung durch einen Dritten ernsthaft in Betracht kommt. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH, BearShare).

Wie weit diese Nachforschungspflicht reicht und wie substantiiert der Vortrag des Beklag­ten zur Mitbenutzungsmöglichkeit seines Anschlusses durch Dritte sein muss, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Ungenügend ist ein Vortrag dahingehend, nicht namentlich benannte Dritte hätten den An­schluss mitbenutzen können, bzw. die pauschale Vermutung, Dritte hätten unberechtigter­weise den Anschluss „gehackt“.

Dies würde den Sinn der sekundären Darlegungslast zuwiderlaufen, welche den Rechtein­haber nicht nur die Kenntnis von rein theoretischen Geschehensabläufen bzw. entfernt lie­genden Möglichkeiten eines Zugriffs von Dritten vermitteln, sondern den Rechteinhaber in die Lage versetzen soll, anhand der dargelegten Fakten sich ein konkretes Bild von dem seitens des Anschlussinhabers geschilderten Sachverhalt zu machen und sein weiteres Vorgehen darauf abzustimmen.

Der Beklagte hat, nachdem er alle Familienmitglieder angehört hat, konkret zu möglichen Alleintätern sowie zu deren Nutzungsverhalten vorgetragen; er hat seine Darlegungslast auch nicht deshalb verletzt, weil er seinen Familienangehörigen insofern glaubte, dass sie nicht Täter waren, bzw. er keine Vermutung hinsichtlich der Täterschaft eines Familienmit­glieds äußerte (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 14.10.2015, Aktz: 121 C 135/15, wonach dem Beklagten gem. § 138 Abs. 3 ZPO lediglich die Benennung von Tatsachen obliegt, er indes keine Wertung vorzunehmen hat).

Eine weitergehende Nachforschung und daraus resultierende Darlegungslast obliegt dem Beklagten nicht. Die sekundäre Darlegungs- und Nachforschungspflicht geht nicht so weit, dass sie nur dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn der Anschlussinhaber ein AI­leintäter individuell namentlich benennt. Vielmehr ist eine Konkretisierung dergestalt ausrei­chend, dass ein klar abgrenzbarer Personenkreis zum Tatzeitpunkt tatsächlich Zugang zum Internet hatte und dieser Personenkreis namentlich benannt wird (vgl. LG Köln, Urteil vom 05.06.2013, Aktz: 28 0 346/12).

In diesem Umfangbesteht im Rahmen des Zumutbaren auch eine Nachforschungspflicht (so BGH, Bear-Share a.a.O.).

Der Beklagte war, da er in dem geforderten Umfang aufgrund seiner Nachforschung vor­tragen konnte und auch vorgetragen hat, zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet; insbesondere nicht, die vorhandenen Computer auf File-Software zu untersuchen.

Wie bereits ausgeführt, ist der Anschlussinhaber aufgrund seiner sekundären Darlegungs­last nicht gehalten, Nachforschungen in einem Umfang zu betreiben, welche über die Auf­zeigung der konkreten Möglichkeit der Benutzung des Internets durch Dritte und deren Be­nennung hinausgehen. Nachforschungen, die die Benennung eines konkreten individuellen Täters ermöglichen, verknüpft mit einer folgenden Benennungspflicht des Täters, würde den Umfang der dem Anschlussinhaber obliegenden Darlegungslast sprengen.

Auch würde dies entgegen der Rechtsprechung des BGH über die prozessuale Wahr­heitspflicht und Erklärungslast des Anschlussinhabers hinausgehen und diesen dazu ver­pflichten, dem AnspruchssteIler allevon diesem benötigten Informationen zu verschaffen; hierzu ist der Anschlussinhaber jedoch gerade nicht verpflichtet (vgl. BGH, BearShare; LG Düsseldorf, Urteil, Aktz: 120579/10; Koch, jurisPR-ITR 6/2016, Anm. 5).

Die sekundäre Darlegungslast und Nachforschungspflicht in einem Maße auszudehnen, dass sie nur dann als erfüllt erachtet wird, wenn der Anschlussinhaber zu Nachforschun­gen in einer Weise verpflichtet wird, die ihm die Benennung eines konkreten Täters ermög­lichen und ihn zur Benennung sodann zu verpflichten, würde konkret dazu führen, dass der Anschlussinhaber auf diesem Weg den Beweis des Gegenteils zu erbringen hätte.

Der Beklagte hat somit vorliegend seine Darlegungs- und Nachforschungsverpflichtung er­füllt.

b)
Da die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragene Tatsachen seitens der Klägerin bestritten wurden, ist die Frage zu klären, wem diesbezüglich die Beweislast auf­zuerlegen ist. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur strittig.

Ein Großteil der Rechtsprechung geht davon aus, dass bei ausreichend sekundärer Darle­gung nicht der Anschlussinhaber, sondern der Rechteinhaber, die vom Verletzer aufge­stellten Behauptungen widerlegen muss (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 01.07.2015, Aktz: 9 S 433/14, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Nach anderer Ansicht hat der Anschlussinhaber zwar nicht die „alleinige Verantwortlichkeit der anderen (Beweis des Gegenteils), aber die für ihre ernsthafte Möglichkeit sprechende Umstände zu beweisen (Gegenbeweis)“ (so OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014 Aktz: 6 U 210/12; LG Stuttgart, Urteil vom 21.04.2015, Aktz: 170329/14).

Übereinstimmend berufen sich alle Gerichte für ihre Ansicht auf die Rechtsprechung des BHG.

Dies dürfte darin begründet sein, dass der BGH sowohl eine „Vermutung“ zugunsten des Rechteinhabers als auch eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers postuliert und die Voraussetzung für die Annahme der Vermutung mit der BearShare-Entscheidung fortgeführt bzw. konkretisiert hat.

So führt der BGH noch in der Morpheus-Entscheidung (Urteil vom 15.11.2012, Aktenzei­chen I ZR 74/12) wie folgt aus:

„Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Lei­stung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermu­tung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist“,

und

„diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall jedoch entkräftet, da nach den vom Beru­fungsgericht getroffenen Feststellung die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat“.

Aus dieser Entscheidung hat z.B das LG Stuttgart ( a.a.O.) den Schluss gezogen, dass al­lein die Anschlussinhaberschaft die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft begründet und weiter gefolgert:

„Diese Annahme werde erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstän­de feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablau­fes, nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses ergebe. Diese Tatsachen, welche die Vermutung erschüttern, habe der Anschlussinhaber jedoch vorzutragen und entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auch zu beweisen.“

Diese Meinung des LG Stuttgart ist nach Ansicht des Gerichts indes nicht zutreffend. Die Vermutungsregelung basiert nicht nur auf der Inhaberschaft des Anschlussinhabers, son­dern auch – im negativen – darin, dass keine anderen Personen den Anschluss zum Tat­zeitpunkt benutzen konnten.

Dies ergibt sich aus der Fortführung der BGH-Rechtsprechung, insbesondere aus der Be­arShare-Entscheidung vom 08.01.2015. Dort wird explizit wie folgt zur Vermutungsrege­lung ausgeführt:

„Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeit­punkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten.“

Die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers wird bei der mög­lichen Nutzung durch Dritte somit erst gar nicht begründet und nicht, wie das Landgericht Stuttgart annimmt, allein durch die Anschlussinhaberschaft begründet, aber bei Erbringung des Nachweises der Drittnutzung sodann erschüttert.

Für das Vorliegen der Voraussetzung der Vermutung ist jedoch derjenige beweispflichtig, der sich auf die Vermutung beruft, vorliegend somit der Rechteinhaber.

Da dem Rechteinhaber hinsichtlich dieser weiteren Voraussetzung jedoch die Kenntnis fehlt, trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast; nur er hat die Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und ihm obliegt somit eine diesbezüg­liche Darlegungspflicht.

Sofern der Anspruchsinhaber jedoch seiner sekundären Darlegungslast entspricht, „ist es wieder Sache der Klägerin als AnspruchssteIler die für eine Haftung des Beklagten als Tä­ter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (so wörtlich BGH, BearShare,). Auch führt die sekundäre Darlegungslast weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklä­rungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolgt benötigten Informationen zu verschaffen (so ebenfalls wörtlich BGH in BearShare).

Dies kann nur bedeuten, dass der Rechteinhaber die Voraussetzung der Vermutung nachzuweisen hat, oder auf anderem Weg die Verantwortung des Anschlussinhabers beweisen muss.

Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen einer Ver­mutung bzw. eines Anscheinsbeweises trägt nämlich grundsätzlich die Partei, die hieraus Rechtsfolgen für sich herleitet (Baumgärtel, Handbuch der Beweislast 2009; § 12 Randzif­fer 9 m.w.M.).

Würde nur dem Anschlussinhaber die Beweislast für die Nutzungsmöglichkeit Dritter auf­erlegt, würde dies eine Umkehr der Beweislast darstellen, was vom BGH jedoch gerade ausdrücklich ausgeschlossen wurde (so auch ausführlich AG Hamburg, Aktz: 36 a C 134/14, Urt. vom 03.07.2015).

Aufgrund der sekundären Darlegungslast des Beklagten und der oben dargelegten Beweis­last der Klägerin hat der Anschlussinhaber auch grundsätzlich die Beweismittel zu benen­nen, damit die Rechteinhaberin den ihr obliegenden Beweis überhaupt antreten kann. Dem ist der Beklagte nachgekommen, indem er die Personen, die er als mögliche Täter aufge­führt hat, namentlich benannt und die ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hat.

Trotz entsprechendem Hinweis seitens des Gerichts hat die Klägerin jedoch keinen Be­weis angetreten.

Ihre Beweispflicht kann die Klägerin auch nicht dadurch „unterlaufen“, indem sie die Exi­stenz der seitens des Beklagten benannten Personen bestreitet (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012).

Der Beklagte hat durch die Namhaftmachung der Zeugen und der Mitteilung deren ladungs­fähigen Anschriften das ihm Obliegende getan, um der Klägerin die Beweisführung zu er­möglichen. Es verbleibt bei der Klägerin, ob sie diese Möglichkeit nutzen möchte oder nicht. Es bestehen keinerlei Anzeichen oder Indizien dafür, dass die benannten Personen nicht existieren; die Klägerin hat solche Indizien auch nicht – beispielsweise durch einen Negativbescheid des Einwohnermeldeamtes – vorgetragen.

Ein beweisvereitelndes Verhalten des Beklagten in Form der Benennung nicht auffindbarer oder nicht existenter Zeugen (vgl. hierzu RG Warn-Rechtsprechung 1911, Nr. 54 S. 59) ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht dargetan (vgl. hierzu auch AG Düsseldorf, Urt. vom 19.11.2013, Aktenzeichen 57 C 3144/13).

Das Gericht verkennt nicht, dass bei der Beweislastverteilung zu Lasten des Rechteinha­bers es diesem häufig schwerfallen wird, die für ihn stehende Vermutung tatsächlich nach­zuweisen, da es sich bei dem von dem Anschlussinhaber benannten Zeugen nicht selten um Familienangehörige handelt, welche sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, sodass der Rechteinhaber beweisfällig bliebe.

Diese möglicherweise von Teilen der Rechtsprechung als unbillig empfundene Folge (so wohl OLG München, Urt. v. 14.01.2016, Aktz: 29 U 2593/15 .Loud“), kann nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht dazu führen, die Grundsätze der Beweislastverteilung im Urheber­recht nicht anzuwenden bzw. die sekundäre Darlegungslast in ungerechtfertigter Weise auszudehnen.

Die Bekämpfung tatsächlicher oder vermeintlicher Missstände darf kein Anlass sein, für Urheberrechtsverletzung eine Art .Sonderbeweierecht“ zugunsten der Rechteinhaber zu schaffen (so auch AG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2013, Aktz: 57 C 3144/13).

Es bleibt vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten, sofern dieser eine nicht mehr hinnehm­bare Verletzung der Eigentumsrechte der Rechteinhaber als gegeben sieht, entsprechen­de Regelungen zu schaffen.

Die Klägerin ist somit beweisfällig für die von ihr aufgestellte Vermutung der Täterschaft des Beklagten geblieben; auch hat sie die Täterschaft des Beklagten nicht auf andere Wei­se nachgewiesen; eine Schadensersatzpflicht des Beklagten gem. § 97 UrhG ist daher nicht gegeben.

2.
Der Beklagte haftet der Klägerin auch nicht auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht gem. § 832 BGB.

Eine Haftung aus § 832 Abs. 1 BGB kommt unabhängig von der Frage, ob eine ausrei­chende Belehrung der minderjährigen Söhne zum Verbot von File-Sharing stattgefunden hat und somit eine Aufsichtspflichtverletzung gegeben ist oder nicht, schon deswegen nicht in Betracht, weil nicht feststeht, dass einer der Söhne Täter der Urheberrechtsverlet­zung war (vgl. auch LG Köln, Urt. v. 24.10.2012, Aktenzeichen 28 0 391/11).

Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten ist somit vollumfänglich nicht gegeben.

3.
Auch eine Störerhaftung des Beklagten aus §§ 97, 97 a Abs. 3 UrhG in Verbindung mit § 1004 BGB auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich nicht, da dem Beklagten hierzu die Störereigenschaft fehlt.

Zwar setzt eine Störerhaftung kein Verschulden voraus, jedoch haftet für eine Schutz­rechtsverletzung nur derjenige, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein -, in irgend einer Weise willentlich oder adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitge­wirkt hat.

Um eine solche Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüf- oder Kontrollpflichten voraus, deren Art und Umfang nach Treu und Glauben zu bestimmen sind. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung eines Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Auf­gabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidri­ge Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 08.01.2014, Aktz. I ZR 169/12).

Allein die Überlassung des Internetanschlusses an Familienangehörige stellt keine Pflicht­verletzung dar. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, seine Ehefrau ohne Anzeichen von bereits begangenen oder bevorstehenden Urheberrechtsverletzungen über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen zu belehren (vgl. BGH, BearShare).

Soweit hinsichtlich der minderjährigen Söhne eine Belehrungspflicht anzunehmen ist, steht, wie bereits oben dargelegt, nicht fest, dass durch die Söhne bzw. einen von ihnen, die behauptete Rechtsverletzung begangen worden ist und eine etwaige Aufklärungs­pflichtverletzung kausal für den behaupteten Schaden wäre.

Eine ungenügende Absicherung des W-LAN-Anschlusses und eine darin liegende Pflicht­verletzung wurde von der Klägerin nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

Eine Störerhaftung des Beklagten scheidet damit ebenfalls aus.

Die Klage ist somit vollumfänglich abzuweisen.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar­keit folgt aus §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zuläs­sig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszu­ges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Stuttgart
Urbanstraße 20
70182 Stuttgart

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelas­sen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Stuttgart
Hauffstraße 5
70190 Stuttgart

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mit­teilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genann­ten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwalt­liche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.