OLG Frankfurt a.M.: Zur Weitergabe von Produktkeys von Computerprogrammen

veröffentlicht am 10. Mai 2016

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.04.2016, Az. 11 U 113/15
§ 97 UrhG, § 69c UrhG; § 24 MarkenG

Die Entscheidung des OLG Frankfurt haben wir hier besprochen (OLG Frankfurt – Erschöpfung Computerprogramm) und im Folgenden im Volltext wiedergegeben.


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Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.7.2015 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beschluss – einstweilige Verfügung – vom 27.5.2015 wird aufgehoben. Auf den Hilfsantrag der Verfügungsklägerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung Folgendes angeordnet:

I.
Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

1.
ohne Einwilligung der Verfügungsklägerin Dritten durch die Übermittlung von Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) die Vervielfältigung des Computerprogrammpakets A bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen B, C, D, E, F, G, H, I und J zu gestatten, sofern nicht die Verfügungsbeklagte zusammen mit dem jeweiligen Product Key auch ihre (körperliche oder unkörperliche) Programmkopie des Computerprogrammpakets A, an der Erschöpfung eingetreten ist, an den Erwerber des Product Keys weitergibt oder ihre eigene Kopie im Zeitpunkt der Weitergabe unbrauchbar gemacht hat;

2.

ohne Einwilligung der Verfügungsklägerin im geschäftlichen Verkehr unter Verwendung der Zeichen „A“ und/oder „D“ und/oder „G“ und/oder „F“ und/oder „E“ bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) für Computerprogramme der Antragstellerin anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, sofern nicht die Verfügungsbeklagte zusammen mit dem jeweiligen Product Key auch ihre (körperliche oder unkörperliche) Programmkopie des Computerprogramm pakets A, an der Erschöpfung eingetreten ist, an den Erwerber des Product Keys weitergibt oder ihre eigene Kopie im Zeitpunkt der Weitergabe unbrauchbar gemacht hat.

II.

Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, der Verfügungsklägerin innerhalb von einer Woche ab Zustellung der einstweiligen Verfügung Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Handlungen gemäß dem Tenor zu I., nämlich über

1.
Namen und Adressen der Vorlieferanten und anderer Vorbesitzer der Product Keys gemäß dem Tenor zu I;

2.

Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber der Product Keys gemäß dem Tenor zu I;

3.

Anzahl der gemäß dem Tenor zu I. für das Computerprogrammpaket „A“ angebotenen Produkt Keys sowie Anzahl der gemäß dem Tenor zu I. für die vorgenannten Computerprogrammpakete in Verkehr gebrachten Product Keys.

III.

Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, alle Product Keys (Produktschlüssel in Form von Zeichenfolgen) gemäß Tenor zu I. für das Computerprogrammpaket „A“ einem von der Verfügungsklägerin zu beauftragenden und von der zuständigen Gerichtsvollzieherverteilerstelle zu benennenden Gerichtsvollzieher zur vorläufigen Verwahrung herauszugeben, bis über deren weitere Behandlung rechtskräftig entschieden oder eine außergerichtliche Einigung der Parteien erfolgt ist.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

IV.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsklägerin 1/4 und die Verfügungsbeklagte 3/4.

Gründe


I.
Von der Darstellung eines Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Sache nach hat sie Erfolg, soweit sie sich gegen die erstinstanzliche Tenorierung zu I.1. und I.2. nebst den darauf bezogenen Folgeanträgen wendet (unter 1.). Der im Berufungsverfahren eingeführte Hilfsantrag zu I.1. hat dagegen Erfolg; gleiches gilt für den insoweit einzuschränkenden Antrag zu I.2. sowie die hierauf bezogenen Folgeanträge (unter 2.). Der Verfügungsklägerin (i.F.: Klägerin) steht insoweit auch ein Verfügungsgrund zur Seite (unter 3.).

1.
Die Klägerin begehrt ohne Erfolg gemäß ihrem Hauptantrag zu I.1., der Verfügungsbeklagten (i.F.: Beklagte) zu untersagen, bloße Produktschlüssel als Lizenzen für das streitgegenständliche Computerprogrammpaket anzubieten, feilzuhalten und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen.

a.
Mit dieser Antragsformulierung verfehlt die Klägerin die konkrete Verletzungsform. Zur Begründung dieses Antrages hat die Klägerin vorgetragen, dass die angegriffenen Angebote der Beklagten den Kunden suggerieren würden, mit dem Produktschlüssel eine Nutzungsberechtigung zu erwerben. Dies sei jedoch tatsächlich nicht der Fall, da die Produktschlüssel lediglich der technischen Installation dienten, rechtlich jedoch ohne Gehalt seien.

Ausweislich der Klagebegründung, des erstinstanzlichen Vortrags sowie des Vorbringens in der Berufungsinstanz verfolgt die Klägerin in rechtlicher Hinsicht indes einen auf Urheberrecht gestützten Anspruch, mit welchem der Beklagten untersagt werden soll, ihren Kunden die Anfertigung von Vervielfältigungsstücken zu gestatten. Die im Hauptantrag gewählte Antragsformulierung erfasst damit nicht die in rechtlicher Hinsicht aufgegriffene Verhaltensweise der Beklagten, sondern einen anderen Sachverhalt. Der Vorwurf, den Kunden würde im Zusammenhang mit dem angebotenen Produktschlüssel die – rechtlich wirksame – Übertragung einer Lizenz suggeriert, wäre möglicherweise geeignet, auf UWG gestützten Ansprüche wegen irreführender und damit wettbewerbswidriger Verhaltensweisen zu begründen (vgl. auch BGH, Urteil vom 19.03.2015 – I ZR 4/14 – Green-IT). Die seitens der Klägerin dem Rechtsstreit zu Grunde gelegten urheberrechtlichen Ansprüche werden dagegen mit diesem Antrag nicht erfasst. Für einen derartigen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch ist es unerheblich, ob die Produktschlüssel „als Lizenzen“ oder ohne diesen Zusatz verkauft werden. Ein Eingriff in das hier im Kern geltend gemachte Gestattungsrecht, Vervielfältigungsstücke herzustellen, ist urheberrechtlich allein daran gebunden, ob der Produktschlüssel sich auf erschöpfte Software bezieht und die weiteren Voraussetzungen für eine zulässige Weiterverbreitung vorliegen.

b.
Aus den unter a. dargestellten Gründen sind damit auch die Folgeanträge unbegründet.

2.
Der in der Berufungsinstanz eingeführte Hilfsantrag zu I.1. (unter a.) nebst dem entsprechend einzuschränkenden Antrag zu I.2. (unter b.) sowie den hierauf zu beziehenden Folgeanträgen (unter c.) ist zulässig und begründet.

a.
Antrag zu I.1.

aa.
Die Stellung des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz ist zulässig. Sie beinhaltet eine objektive Klagehäufung entsprechend §§ 533, 263, 264 ZPO. Die insoweit vorliegende Klageänderung ist gem. § 533 ZPO zulässig, da sie auf Tatsachen gestützt wird, die ohnehin der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung gem. § 529 ZPO zugrundezulegen sind und der Sache nach als sachdienlich anzusehen ist. Der erstinstanzlich formulierte Hauptantrag verfehlte – wie ausgeführt – die konkrete Verletzungsform; hierauf hatte der Senat mit der Ladungsverfügung hingewiesen. Die nunmehrige hilfsweise eingeführte Antragsfassung ist geeignet, einen weiteren Rechtsstreit zwischen den Parteien über denselben Sachverhalt -unter entsprechender Antragsanpassung – zu vermeiden. Er ist zudem gem. § 529 ZPO ausschließlich auf Tatsachen gestützt, die der Senat ohnehin seiner Verhandlung und Entscheidung zugrundezulegen hat.

Der Einlegung einer Anschlussberufung bedurfte es insoweit nicht, da der Hilfsantrag keine Erweiterung der Klage beinhaltet, sondern unter Verfolgung desselben Ziels wie mit dem Hauptantrag lediglich dem Umstand Rechnung trägt, dass der Hauptantrag die beanstandete Verhaltensweise nicht zutreffend erfasste. Dem Kern nach dient der Hilfsantrag damit allein der Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils und beschränkt sich auf die Abwehr der Berufung. Für eine derartige Antragsfassung bedarf es nicht der Einlegung einer Anschlussberufung (vgl. auch BGH, Urteil vom 19.3.2015 – I ZR 4/14 – Green-IT; Urteil vom 24.3.1988 – VII ZR 232/86).

bb.
Der Sache nach kann die Klägerin gem. §§ 97 Abs. 1, 69 c UrhG verlangen, dass es die Beklagte unterlässt, ohne ihre Einwilligung durch die Übermittlung von Produktschlüsseln die Vervielfältigung des streitgegenständlichen Computerprogrammpakets zu gestatten, sofern nicht die Beklagte zusammen mit dem jeweiligen Produktschlüssel auch ihre Programmkopie des Computerprogrammpaketes, an welcher Erschöpfung eingetreten sein muss, an den Erwerber weitergibt oder aber diese eigene Kopie unbrauchbar macht.

(1)
Die Klägerin hat als Inhaberin der Rechte an dem hier streitgegenständlichen Computerprogrammpaket, welchem gem. § 69 a Abs. 3 UrhG Urheberschutz zukommt, gem. § 69 c Abs. 1 UrhG u.a. das ausschließliche Recht, Vervielfältigungshandlungen im Sinne von § 69 Abs. 1 Nr. 1 UrhG zu gestatten und Vervielfältigungsstücke zu verbreiten gem. § 69 c Abs. 1 Nr. 3 UrhG.

In dieses grundsätzlich der Klägerin zustehende Recht greift die Beklagte ein, wenn sie ihren Kunden durch Übermittlung von Produktschlüsseln ermöglicht, eigene Kopien, d.h. Vervielfältigungsstücke, des streitgegenständlichen Computerprogrammpakets anzufertigen.

(2)
Derartige Gestattungshandlungen bedürfen nur dann nicht der Zustimmung der Klägerin als Rechteinhaberin, wenn sich die Gestattung auf die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken bezieht, hinsichtlich derer das Verbreitungsrecht gem. § 69 c Abs. 1 Nr. 3, letzter Halbsatz UrhG erschöpft ist, und die Voraussetzungen für eine zulässige Weiterveräußerung vorliegen.

Ist Erschöpfung eingetreten, erstreckt sich das Recht zum Weiterverbreiten einer Kopie des Computerprogramms sowohl auf die Weitergabe eines Datenträgers selbst als auch – wie hier – auf die Bekanntgabe des zum Herunterladen des Programms erforderlichen Produktschlüssels (EuGH, Urteil vom 3.7.2012, C – 128/11 – UsedSoft/Oracle, Rn. 47; BGH, Urteil vom 09.03.2015 – I ZR 4/14 – Green-IT Rn. 39; BGH, Urteil vom 17.7.2013 – I ZR 129/08 – UsedSoft II). Neben den Voraussetzungen der Erschöpfung, welche insbesondere die erstmalige Einräumung eines zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechts gegen Zahlung eines angemessenen Entgeltes beinhalten (vgl. EuGH, Urteil vom 3.7.2012 ebd.; BGH, Urteil vom 17.7.2013 – I ZR 129/08 – UsedSoft II), ist die Berechtigung zum Weiterverkauf daran gebunden, dass der Verkäufer keine Kopie des Computerprogramms zurückbehält (BGH, Urteil vom 19.3.2015 – I ZR 4/14 – Green-IT). Der Veräußerer genügt dieser Voraussetzung, wenn er entweder die eigene Programmkopie dem Erwerber übergibt oder aber seine eigene Kopie unbrauchbar macht (EuGH ebd. Rn. 70; BGH ebd.).

Die Fassung des Hilfsantrags der Klägerin greift diese Grenzen auf.

Vorliegend steht der Möglichkeit der Erschöpfung entgegen, dass sich der maßgebliche Produktschlüssel unstreitig auf eine Volumenlizenz der Klägerin bezieht, welche erstmals in … – und damit außerhalb des Gebiets der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum – in den Verkehr gebracht wurde.

b.
Antrag zu I.2.

Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, das sie es unterlässt, ohne ihre Einwilligung die Zeichen „A“ und/oder „D“ und/oder „G“ und/oder „F“ und/oder „E“ im Zusammenhang mit der Übermittlung von Produktschlüssen für das streitgegenständliche Programmpaket zu verwenden, sofern nicht die Voraussetzungen der Erschöpfung und einer zulässigen Weiterverbreitung gegeben sind.

aa.
Soweit die Beklagte sich mit ihrem Berufungsantrag auch gegen die auf Markenrecht gestützte Unterlassungstenorierung wendet, ohne hierzu explizite Ausführungen i.S.d. § 520 Abs. 3 ZPO zu machen, steht dies der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen. Da die Entscheidung über die markenrechtlichen Ansprüche auf einem einheitlichen, auch dem Urheberrechtsanspruch zu Grunde liegenden gemeinsamen Grund beruht, genügt es, wenn dieser Grund mit der Berufungsbegründung angegriffen wird (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2014 – I ZR 8/13 – Used-Soft III; Urteil vom 17.7.2013 – I ZR 129/08 – UsedSoft II).

bb.
Der Sache nach hat die Klägerin mit diesem Antrag gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG Erfolg, soweit sich der Produktschlüssel nicht – wie tenoriert – auf Kopien bezieht, die unter Verwendung der Zeichen vom Rechteinhaber in der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht wurden, und diese Kopie an den Erwerber weitergegeben bzw. die Kopie unbrauchbar gemacht wurde. Auch wenn sich Erschöpfung im Markenrecht zwar grundsätzlich auf körperliche Gegenstände bezieht, ist in entsprechender Anwendung von § 24 MarkenG das Recht des Markeninhabers erschöpft, wenn sich das Verbreitungsrecht des Urhebers auf – markenrechtlich gekennzeichnete – nichtkörperliche Kopien von Computerprogrammen erstreckt und hinsichtlich derartiger Kopien erschöpft ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.7.2013 – I ZR 129/08 (UsedSoft II)).

c.
Die Folgeansprüche sind aus den vom Landgericht dargestellten Gründen begründet, soweit sie sich auf die dargestellten Hilfsanträge zu I.1. und I.2. beziehen.

3.
Der Klägerin steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite. Insbesondere stützt ihr Verhalten nicht die Annahme, dass es ihr so dringlich mit der Verfolgung der hier streitgegenständlichen Verstöße nicht sei. Zu Recht verweist die Beklagte zwar darauf, dass die Dringlichkeit entfallen kann, wenn Verstöße desselben Verletzers zu lange toleriert worden sind, die zwar nicht mit den begangenen identisch, ihnen aber im Kern gleich sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2015 – I-6 U 84/13; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage, § 12 Rn. 3.15a). Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor.

Dabei kann im Ergebnis dabei offen bleiben, ob die insoweit von der Beklagten angeführte – nicht dieses Verfahren betreffende – Abmahnung vom 02.02.2015 überhaupt ein kerngleiches Verhalten zum Gegenstand hatte. Sie bezog sich zwar ebenfalls auf die Veräußerung bloßer Produktschlüssel, ihr lag jedoch ein anderes Programmpaket, nämlich das Programm „K“, zugrunde.

Dem Verhalten der Klägerin kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass sie das dort abgemahnte Verhalten längere Zeit toleriert hatte und damit zu erkennen gegeben hat, dass ihr die zeitnahe Unterbindung – in diesem Fall unterstellt kerngleicher – Verstöße nicht wichtig sei. Die Klägerin hatte vielmehr nach dem am 30.12.2014 erfolgten Ankauf des dortigen Produkts „K“ am 09.01.2015 die Unterlagen zu diesem Verkaufsvorgang erhalten. Diese wurden einer Überprüfung zugeleitet. Die nachfolgend für diesen Vorgang am 02.02.2015 erfolgte Abmahnung stellt sich im Hinblick auf die erforderliche Prüfung der Vorgänge damit als hinreichend zeitnah dar. Grundsätzlich ist im jeweiligen Einzelfall ohne Zugrundelegung einer starren Regelfrist zu bewerten, ob der Zeitraum des Zuwartens dringlichkeitsschädlich wirkt (Senat, Urteil vom 28.5.2013-11 W 13/13). Angesicht der hier erforderlichen technischen Untersuchungen vor Vollzug des Kaufvertrags bestehen angesichts eines zwei Monate nicht überschreitenden Zeitraums zwischen Kenntniserlangung und Ausspruch der Abmahnung keine Bedenken hinsichtlich des Verfügungsgrundes.

Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, bereits durch das der Abmahnung vom 2.2.2015 zugrundeliegende Verhalten habe die Klägerin Kenntnis auch von dem hier zugrunde liegenden Verstoß gehabt, überzeugt dies nicht. Die Abmahnung bezog sich auf ein konkretes Programm auf Basis eines konkreten Verkaufs- und Prüfungsvorgang. Eine verallgemeinernde Abmahnung, die sich – ohne nähere Anhaltspunkte – auf alle denkbaren Programmprodukte der Klägerin bezogen hätte unter hypothetischer Übertragung des für die Abmahnung vom 2.2.2015 festgestellten Verkaufsvorgangs, wäre rechtlich unbegründet gewesen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanz:
LG Frankfurt a.M., Az. 2-3 O 118/15